Oh Mann! Alex, der Münchner im Eiskanal

Vom Türsteher zum Bobfahrer. Höpfners starker Anschieber träumt von Olympia 2010 in Vancouver.
MÜNCHEN Zufrieden schaut er aus, dieser Mann. Alexander Mann. Manchmal wirkt sein Lachen breiter als sein Kreuz, und das will was heißen. Aber es passt ja auch so ziemlich alles in seinem Leben, nur das Gewicht freilich, das stört ihn manchmal. 107 Kilo, bei ein Meter neunzig. „So ganz glücklich“, meint er, der 28-Jährige, „bin ich noch nicht damit.“ Weil es ihm zu wenig ist.
Darf’s ein bisserl mehr sein? Ja, bittschön, und zwar zehn Pfund. „So 112 Kilo, das wäre mein Traumgewicht.“ Sind ja auch fast alles Muskeln, bei gerade acht Prozent Körperfett. Eine imposante Figur, der Medizinstudent und Bobfahrer. Der Münchner, unser Mann im Eiskanal.
An diesem Wochenende schiebt er bei den Deutschen Meisterschaften in Winterberg den Bob von Matthias Höpfner an, das macht er erst seit letzten Winter, und so ist Manns Gesicht im Bobsport noch kaum bekannt. Im Münchner Nachtleben war es das schon.
Als er eine Zeit lang an der Tür vom „8seasons“ stand, dem Nachtclub in der alten Residenzpost, als er bestimmte, wer rein durfte und wer nicht. Abgewiesene Gäste mochten murren, aber Widerstand war natürlich zwecklos, bei einem mit einer Statur wie der seinen.
Hätten Kleiderschränke eine Gesichtsfarbe, sie würden vor Neid erblassen.
Nur konsequent, dass Mann später als Fitness-Trainer arbeitete, in Fürstenfeldbruck, wo er dann vor knapp drei Jahren auch seine jetzige Freundin kennenlernte. Sandra, die jetzt 21 ist, und immer noch amtierende Bayerische Rekordhalterin ist. Im Bankdrücken. Alex und Sandra, eine starke Beziehung.
„Sie ist mein großer Goldschatz“, sagt Mann über seine Partnerin, „sie hat volles Verständnis, und wenn ich heimkomme, dann sagt sie nicht gleich: ’Hey, lass uns knuddeln’“. Nach Tagen wie Mann sie derzeit erlebt, ist ihm da nicht immer danach.
Kurz vor 7 geht in der Grünwalder Wohnung der Wecker, dann wartet die Uni, Vorlesungen und Seminare in seinem Medizinstudium, zweites Semester, meist so von acht bis vier am Nachmittag, danach Training bis acht am Abend.
Und selbst wenn er seine Sandra knuddeln wollte, bald wird er eh wieder viel unterwegs sein, mit Höpfner, dem 33-jährigen Bobpiloten aus Thüringen, der ihn letzte Saison in seinen Schlitten holte. Weil er, Mann, vorher schon als Anschieber beim jungen Manuel Machata auffiel, weil er so kräftig ist und so schnell, mit Elf-Null auf 100 Metern.
Gleich in seinem ersten Weltcup-Rennen mit Höpfner feierte er im Februar seinen ersten Sieg, im Zweier in Königssee. Danach folgte noch WM-Bronze im Vierer in Altenberg, jetzt wird er wohl im Weltcup bei allen Rennen dabei sein, und irgendwann, sagt er, würde es ihn schon auch reizen, mal als Pilot am Lenkseil zu sitzen und den Schlitten selbst durch die Röhre zu steuern. „Nur dann musst du es professionell machen“, sagt er, „dann gäbe es nichts mehr außer Bob. Und auf Dauer wäre mir das zu wenig, ich möchte ja noch was anders machen.“ Nämlich drüber hinausschauen, über den Tellerrand vom Eiskanal, und weiter Medizin studieren, um später mal Orthopäde zu werden.
Der Februar 2010 freilich ist ein großes Ziel, Olympia in Vancouver, eine Medaille, vielleicht ja auch Gold.
Dann wird es an der Bobbahn von Whistler so wie einst an der Tür vom Nachtclub. Nämlich ganz schwer, an ihm vorbeizukommen.
Florian Kinast