Nur Berrer gewinnt im Glutofen Melbourne
An einem glühend heißen Tag in Melbourne verdampften viele deutsche Hoffnungen. Nur ein Psychologiestudent gewann seine Partie – und der Marathonmann des Tages blieb erstaunlich cool.
Melbourne – Andrea Petkovic hatte das Gefühl, ihre Haut schmilze. Andy Murray warnte vor Tragödien im Glutofen von Melbourne. Nur Daniel Brands blieb ganz cool. Der Deggendorfer Tennisprofi, der am zweiten Tag der Australian Open in Melbourne das längste Spiel des Tages absolviert hatte, sagte trotz seiner Niederlage nach 4:32 Stunden bei 40 Grad: "Das hat doch Spaß gemacht."
Zugegeben: Brands beendete seine Hitzeschlacht gegen den Franzosen Gilles Simon, als die erbarmungslos brennende Sonne endlich versunken war. "Zum Ende war es daher sogar ganz angenehm da draußen", sagte Brands, der erstaunlich gefasst mit seiner Niederlage umging. Sieben Matchbälle hatte der 26-Jährige gegen den an Position 18 gesetzten Simon vergeben und schließlich 7:6 (7:4), 4:6, 6:3, 3:6, 14:16 verloren. Es war der Schlusspunkt eines glühend heißen Tages, an dem etliche deutsche Hoffnungen verdampften.
Andrea Petkovic war zuvor unter Tränen vom Platz gelaufen, da hatte das Thermometer mit 42,2 Grad im Schatten seinen Höchststand erreicht. Die Darmstädterin unterlag der Slowakin Magdalena Rybarikova 2:6, 3:6 und ärgerte sich: "Ich habe nicht grottenschlecht gespielt, aber wollte es zu genau machen."
Ausreden suchen, die Niederlage gar auf die Temperaturen schieben, wollte die 25-Jährige nicht, immerhin hatten alle Akteure unter den Bedingungen zu leiden. "Irgendwie hat heute allen Spielern die Energie gefehlt", sagte Petkovic: "Es hat sich wie Nebel im Gehirn angefühlt. Man wusste nicht, was Realität ist und was nicht."
Dieses Gefühl hatte Michael Berrer, der einzige deutsche Sieger am Dienstag in Melbourne, nicht. Mit 33 Jahren, auf der Zielgeraden seiner Karriere, genießt der Qualifikant aus Stuttgart jedes Match, selbst in der australischen Mittagshitze. "Ich habe das Gefühl: Je älter ich werde, desto fitter werde ich auch", sagte Psychologiestudent Berrer, der sich gegen Michael Llodra (Frankreich) 6:4, 7:5, 6:1 durchgesetzt hatte und erstmals seit vier Jahren in der zweiten Runde der Australian Open steht.
Sogar die zweite Woche lautete einmal das Ziel der deutschen Nummer zwei, Philipp Kohlschreiber (Augsburg), doch die Hoffnungen platzten bereits vor dem Spiel gegen Aljaz Bedene (Slowenien). Eine Oberschenkelverletzung zwang ihn zur Absage, nun ist auch sein Einsatz im Davis Cup gegen Spanien (31. Januar bis 2. Februar) fraglich.
Ersatz drängte sich kaum auf, auch Tobias Kamke, Julian Reister (Hamburg), Benjamin Becker (Orscholz) und Qualifikant Peter Gojowczyk (München) scheiterten. Chancenlos war bei den Damen zudem Melbourne-Debütantin Carina Witthöft (Hamburg).
Die Favoriten gaben sich unterdessen keine Blöße, Rafael Nadal (Spanien), Roger Federer (Schweiz) und Andy Murray (Großbritannien) überstanden die Torturen im australischen Hochsommer. Wimbledonsieger Murray warnte die Organisatoren dennoch, Vorsicht walten zu lassen. "Es gab in anderen Sportarten Fälle, in denen Sportler einen Herzanfall bekommen haben oder kollabiert sind", sagte der Schotte.
Der Turnierarzt Tim Wood erklärte, niemand habe nach seinem Match spezielle medizinische Betreuung gebraucht. Auch die "Extreme Heat Policy" (EHP), das Regelwerk für klimatische Ausnahmefälle, kam nicht zum Einsatz. Das kann sich aber schon in den nächsten Tagen ändern. Bis einschließlich Freitag sollen die Temperaturen bei 40 Grad und mehr liegen.