Neuner und Höfl-Riesch: Alles anders
Erding/München - Rechtzeitig zum Frühlingsanfang haben die Wintersportler die Saison beendet. Auch Magdalena Neuner und Maria Höfl-Riesch, die erfolgreichsten DSV-Athletinnen, können die Skier im Keller lassen – die eine für ein paar Tage, die andere ein wenig länger. Beobachtungen an einem Abend und dem nächsten Morgen:
Erding, Schrannenplatz: Schlag zehn ist es endlich vorbei. Mit dumpfen Glockenschlägen läutet die Pfarrkirche St. Johann eine neue Ära im Leben der Magdalena Neuner ein. Am Glockenturm: ein „Danke, Magdalena!”-Plakat, groß wie ein Basketballfeld. Es ist der Montag nach Neuners letztem Rennen im sibirischen Chanty-Mansijsk. Neuner ist todmüde: Servus-Party zum dritten Gesamt-Weltcupsieg in der Disco am Sonntagabend, fünfeinhalb ewige Flugstunden in einer unbequemen Maschine, „jeder wollte nur noch heim”, so Neuner: „Geschlafen hab’ ich schon länger nicht mehr. Aber das geht jetzt auch noch.”
Das, das ist die Ehrung zum „WinterStar” des Bayerischen Rundfunks. Und das bedeutet: Riesen-Auflauf und Gaffer-Staus in der beschaulichen Erdinger City, als Neuner und weitere Stars (Andreas Birnbacher, Michael Greis, Felix und Norbert Loch, Amelie Kober, Rosi Mittermaier, Georg Hackl, Hans Zach) sich in die „WinterStar-Hütte” zwängen. Neuner trägt Dirndl, eine schicke Hochsteckfrisur und ihr Gold-Lena-Lächeln, wie so oft in den vergangenen Wochen. Wie viel Kraft sie das kostet, hat sie am Ende der WM in Ruhpolding eingestanden. Nun also nochmal eineinhalb Stunden Fernsehen.
Die Wallgauerin muss Geduld haben: Zuerst geht es um Zipfelbob-Fahren, dann um Eisstockschießen, lustige Pannen-Videos und den „Smoke On The Water” singenden Bundestrainer der Skibergsteiger. Neuner? Ist müde. Eine Fragerunde mit Erdinger Eishockey-Kids kitzelt sie wach, Wasmeier lädt zum Heli-Skiing, und Verena Bentele spricht lieber nicht über den Umgang mit dem Karriereende: „Die Lena ist mental so eine coole Sau, die braucht keine Ratschläge.”
Um 21.34 Uhr ist es so weit: „Da is’ das Ding!”, ruft der Moderator, hält Neuner die „WinterStar”-Trophäe hin. Wie oft sie die bekommen hat, kann sie gar nicht sagen, weshalb sie gleich die nächste bekommt: in Gold, „weil’s der letzte ist”, so der Moderator. Neuner lächelt, sagt, dass sie viel Freizeit haben werde und „ganz tolle und neue Dinge ausprobieren” will, aber dass sie „auf keinen Fall von der Bildfläche verschwinden werde”. Dann ist die Sendung aus, fünf Dutzend Autogramme und Fotos später marschiert ihr Bodyguard vorweg zum Auto, Richtung Heimat. Vom Kirchturm schlägt es zehn, als Neuner allein ist mit ihrem neuen Leben.
München, Schrannenhalle: Im Keller der Schrannenhalle sind keine Glocken zu hören. Vormittags um elf wird hier, wo früher wilde Partys gefeiert wurden, eine neue Welt eröffnet: die Milka-Welt. Das heißt, wirklich eröffnet wird erst, nachdem einige Menschen sehr lange über Schokolade geredet haben, fast eine halbe „WinterStar”-Sendung lang. Maria Höfl-Riesch steht geduldig neben den Schokolade-Rednern. Sie trägt die Haare offen und ansonsten schwarz: Schuhe, Hose, Blazer. Einziger Farbtupfer: ein lila Sticker am Revers.
Am Sonntag war für Deutschlands beste Skifahrerin eine Saison zu Ende gegangen, von der sie sagt, es sei „nicht alles so perfekt gelaufen wie letztes Jahr”. Platz drei im Gesamt-Weltcup, „neun Mal ausgeschieden, zwei Mal nicht gestartet: das sind quasi elf Mal null Punkte, fast ein Drittel der Saison”, rechnet sie vor, „da muss man sich selbstkritisch betrachten und analysieren, woran das liegt, damit man da wieder stabiler wird”.
Es war viel los in dieser Saison: Erst der Gewichtsverlust, dann die Klasse-Form von Konkurrentin Lindsey Vonn, dazu jede Menge Termine rund um ihre eigene Modelinie, die auch in der kommenden Saison präsentiert sein will. Auch nach dem Wettkampfende ist an Urlaub nicht zu denken: „Nächste Woche gehe ich zum Testen”, erzählt sie, „es gibt ja im kommenden Winter außer im Slalom in allen Disziplinen neues Material und neue Regeln – ein Neu-Start für alle.” Dann sind wieder Schokolade-Fragen dran, Maria Höfl-Riesch schaltet flugs um und sagt: „Schokolade macht glücklich.”