Neuner & Co: Mit Mozart zum Olympiasieg!

Was auf die Ohren! Magdalena Neuner und die deutschen Biathletinnen hören und schwören auf die Musiktherapie von Ulrich Conrady, dem auch Österreichs erfolgreiche Skispringer vertrauen.
von  Abendzeitung
Auch sie vertraut der Musiktherapie: Die sechsmalige Biathlon-Weltmeisterin Magdalena Neuner.
Auch sie vertraut der Musiktherapie: Die sechsmalige Biathlon-Weltmeisterin Magdalena Neuner. © dpa

Was auf die Ohren! Magdalena Neuner und die deutschen Biathletinnen hören und schwören auf die Musiktherapie von Ulrich Conrady, dem auch Österreichs erfolgreiche Skispringer vertrauen.

RUHPOLDING Ruhpolding, für die Biathleten immer großer Stress. Kein Weltcup, wo das Getöse der Fans so laut ist, wo die Sportler so viele Wünsche um Autogramme und Fotos erfüllen müssen.

Dass Magdalena Neuner und Kati Wilhelm nun wie vor der Staffel am Freitagabend, bei der das deutsche Quartett wegen der beiden Fehlschüsse von Neuner nur Platz vier belegte, mit Kopfhörer durch die Chiemgau-Arena laufen, hat aber nichts damit zu tun, dass sie sich abschotten wollen. Sondern mit der ganz neuen Musiktherapie, mit der sie auch in Vancouver erfolgreich sein wollen. Mit Mozart zu Gold, mit Abba zum Olympiasieg. Jetzt gibt’s was auf die Ohren.

Seit Oktober arbeiten die deutschen Biathlon-Frauen mit Ulrich Conrady (57) zusammen, einem Gehirnforscher aus Ostwestfalen. Aber wie funktioniert die Musiktherapie? „Bei bestimmten Musikstücken verändere ich die Schallwellen so, dass sie das autonome Nervensystem auszubalancieren“, sagt Conrady zur AZ.

Konkretes Beispiel: Mozarts „Kleine Nachtmusik“, die die Biathletinnen derzeit oft hören. Hier veränderte Conrady die Schallwellen im Millisekundenbereich, was akustisch nicht wahrnehmbar ist, aber dazu führt, dass das Gleichgewicht zwischen Sympathikus (der Nerv, der für Leistungsbereitschaft sorgt) und Parasympathikus (Ruhenerv) hergestellt wird. Die Folge: „Höhere Konzentrationsbereitschaft, weniger Stress, mehr Leistung, schnellere Regeneration“, sagt Conrady.

Welche Musik welchen Effekt hat, welche Nerven bei welchen Schallwellen wie stimuliert werden, das misst Conrady zuvor mit Gehirnströmen. Alles ganz wissenschaftlich. „Meine Therapie läuft auf der biologischen Ebene“, sagt Conrady, „das hat nichts mit Mentaltraining zu tun. Denn einem, der biologisch im Eimer ist, helfen auch 30 Psychologen nicht mehr.“

Seinen Biathletinnen hat Conrady schon eine individuelle Playlist aufgeschrieben, was sie hören sollen. Neben Mozart gibt es Panflöten, Delfin-Klänge, Wal-Töne. In Ruhpolding ist Conrady vor Ort, sonst sieht er im Fernsehen die Schwachstellen. „Zwei Stunden nach dem Rennen haben sie dann bereits eine E-Mail von mir, mit neuen Anweisungen.“

Schlechte Laufleistung? Weniger Nachtmusik. Viele Fehlschüsse? Mehr Beatles.

Aber auch das ist bei jeder Sportart anders. Conrady, der seine Musiktherapie auch berufsgestressten Erwachsenen und Kindern mit Lernstörungen anbietet, arbeitet so etwa auch mit der Handball-Nationalmannschaft und Österreichs Skispringern zusammen. „Bei einem Handballer, der eine Stunde Vollgas gibt, müssen die Schallwellen das Nervensystem anders stimulieren als bei einem Skispringer, der zwölf Sekunden in der Luft ist, wo der Körper erst die Bedrohung des Fliegens ohne Flügel überwinden muss.“

Das geht bei jedem Athleten mit anderer Musik. Wolfgang Loitzl lauscht vor dem Sprung Abba, Martin Koch lässt es mit AC/DC krachen. Der deutsche Verband übrigens hatte laut Conrady die Therapie für seine Skispringer abgelehnt, jetzt betreut er exklusiv die Österreicher. „Jetzt kann mir der DSV auch den Buckel runterrutschen.“

Für die Biathletinnen will er es noch weitermachen, die derzeit schwächelnden Biathlon-Männer haben noch nicht angefragt.

Dafür betreut Conrady seit einer Woche nun auch einen ganz schweren Pflegefall, der eine Erfolgstherapie dringend nötig hat: Hertha BSC, den Tabellenletzten der Bundesliga. Vielleicht schaffen die Berliner Profi-Kicker jetzt in der Rückrunde ja doch noch den Klassenerhalt.

Sie müssen einfach nur zuhören.

Florian Kinast

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