Nach Vertagung: Bundesliga hofft weiter auf Startsignal

Berlin - Im Polit-Poker um die Fortsetzung der Saison muss sich die Fußball-Bundesliga weiter in Geduld üben - doch bei den Vereinen laufen die Vorbereitungen für eine Rückkehr auf den Platz bereits auf Hochtouren.
Sollten Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Ministerpräsidenten der 16 Bundesländer bei ihrer Schalte am kommenden Mittwoch das von der Milliarden-Branche ersehnte Startsignal für eine Wiederaufnahme des seit Mitte März ausgesetzten Spielbetriebes geben, könnte der Ball schon am 15. Mai oder spätestens am 22. Mai wieder rollen.
Obwohl die Gipfel-Runde im Kanzleramt eine Entscheidung am Donnerstag vertagte und die Rolle des Fußballs in der Öffentlichkeit weiter kontrovers diskutiert wird, präpariert sich die Liga für den offenbar näher rückenden Tag X. Als erster Club kündigte der Tabellendritte RB Leipzig für Anfang nächste Woche die Rückkehr ins Mannschaftstraining an, sofern zwei vorherige Corona-Tests bei allen Spielern negativ ausfallen. "Der Plan ist, am Dienstag wieder ins Mannschaftstraining einzusteigen", sagte RB-Geschäftsführer Oliver Mintzlaff.
Als Starttermin setzt der 44-Jährige auf das Wochenende vom 15.-17. Mai, obwohl die Vereine zuletzt stets die Bedeutung eines zweiwöchigen Mannschaftstrainings vor einer möglichen Saison-Fortsetzung betont hatten. "Wir sind nicht in der Situation für Wunschszenarien, es hätte auch eine Woche gereicht. Wir wären auch am 9. Mai bereit gewesen", sagte Mintzlaff und lieferte die Begründung für den Sinneswandel gleich mit: "Wir brauchen das TV-Geld, um zu überleben und das ist der Grund, warum wir wieder Fußball spielen wollen."
Um dafür bereit zu sein, wurde in der 1. und 2. Bundesliga am Donnerstag mit flächendeckenden Corona-Tests aller Spieler, Trainer und Betreuer begonnen. Die Tests gehören zum Sicherheits- und Hygienekonzept, das die Deutsche Fußball Liga erstellt und in der Vorwoche präsentiert hatte.
Nach Informationen des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" wurde das von einer Task Force erarbeitete, 41-seitige Papier noch einmal leicht modifiziert, um letzte Zweifel der Politiker und Gesundheitsexperten auszuräumen. Demnach sollen nicht nur Spieler, Trainer und Betreuer regelmäßig auf das Coronavirus getestet werden, sondern auch deren Familienmitglieder. Dafür bedürfe es der Zustimmung der betreffenden Personen. Um das Infektionsrisiko auf ein Minimum zu reduzieren, solle sich dieser große Personenkreis zudem noch stärker von der Außenwelt abschotten.
Bis zum kommenden Mittwoch sollen der Chef des Bundeskanzleramts, Helge Braun, und die Chefinnen und Chefs der Staats- und Senatskanzleien Beschlussvorschläge zur schrittweisen Wiederaufnahme des Sportbetriebes erarbeiten. Auf dieser Grundlage wollen die Spitzenpolitiker von Bund und Ländern "am 6. Mai sehr klare Entscheidungen fällen, in welcher Folge und in welcher Art und Weise Schule, Kita wieder möglich sind und auch unter gegebenen Bedingungen bestimmte sportliche Betätigungen", kündigte Bundeskanzlerin Angela Merkel an.
Eine politische Lösung für gesellschaftlich relevante Themen wie Schule und Kinderbetreuung sowie den gesamten Sport wäre im Interesse des Profifußballs, dem von Kritikern oft die Beanspruchung einer Sonderrolle vorgeworfen wird und der sich deshalb vor dem anstehenden Votum demütig gibt. "Wir haben immer gesagt, dass wir politische Beschlüsse akzeptieren. Und das gilt selbstverständlich auch weiterhin", sagte Borussia Dortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke der Funke-Mediengruppe.
Fortuna Düsseldorfs Vorstandsvorsitzender Thomas Röttgermann betonte bei der "Rheinischen Post", entscheidend bleibe "die Sicherstellung der notwendigen Standards, und dass wir für die Spiele eine breite Akzeptanz in der Gesellschaft erzeugen". Dass die ersten Vereine nun schon vor einer politischen Entscheidung ins Mannschaftstraining zurückkehren, dürfte jedoch nicht so gut ankommen.
Eine weitere Baustelle könnte sich bei den Medienpartnern auftun, denn Eurosport will nach Informationen der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Donnerstag) seinen TV-Vertrag kündigen. Betroffen davon wären die aktuelle und auch die kommende Saison.
Damit könne sich ein Millionen-Rechtsstreit anbahnen und den Vereinen in der für viele aktuell schwierigen Finanzsituation ein größerer finanzieller Verlust drohen. Mit allen anderen Rechteinhabern hatte die DFL in der Vorwoche eine Einigung über die Auszahlung der letzten TV-Tranche für die laufende Saison erzielt.
Eurosport wollte den Bericht auf dpa-Anfrage nicht kommentieren. Der Sender hatte im Vorjahr eine Sublizenz an den Streamingdienst DAZN für insgesamt 30 Partien vergeben - darunter alle Freitagsspiele sowie die Relegationsspiele. Für diese Übertragungen müsste im Falle einer Trennung eine kurzfristige Lösung gefunden werden.
Trotzdem blicken die anderen europäischen Top-Ligen etwas neidvoll auf die Bundesliga. In Frankreich wurde die Saison am Donnerstag abgebrochen und Paris Saint-Germain mit Trainer Thomas Tuchel zum Meister erklärt. In England wird über einen möglichen Neustart frühestens Anfang Juni diskutiert.
Auf der Insel sei man "ein paar Wochen hinter Deutschland zurück", sagte Jürgen Klopp, Trainer des Champions-League-Siegers FC Liverpool, in einem Podcast seines Ex-Vereins Borussia Dortmund. Klopp räumte ein: "Man wird neidisch, wenn man sieht und hört, wie in Deutschland trainiert wird, wann angefangen wurde und seit wann die Spieler zumindest in Zweiergruppen trainieren dürfen. Wir sind noch im richtigen Lockdown."