Nach Massa-Drama: Die Angst ist zurück

Der Horror-Unfall von Ferrari-Pilot Massa versetzt die Formel 1 in einen Schockzustand. Eine Stahlfeder hätte ihn fast das Leben gekostet
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Felipe Massa, direkt nach dem Unfall. Ohne den Helm hätte die umherfleigende Schraubenfeder Massa wohl getötet.
dpa Felipe Massa, direkt nach dem Unfall. Ohne den Helm hätte die umherfleigende Schraubenfeder Massa wohl getötet.

BUDAPEST - Der Horror-Unfall von Ferrari-Pilot Massa versetzt die Formel 1 in einen Schockzustand. Eine Stahlfeder hätte ihn fast das Leben gekostet

Die kleine Stahlfeder kam wie ein Geschoss auf ihn zugeflogen. Felipe Massa wird wohl noch nicht einmal gesehen haben, was da am Samstagmittag plötzlich, als er mit 285 Stundenkilometern auf der Jagd nach einer guten Qualifikationszeit über den Hungaroring raste, auf sein Visier knallte.

Doch der Aufprall war fatal. Der Ferrari-Pilot stieg instinktiv auf die Bremse, war aber so benommen, dass er gleichzeitig auch das Gaspedal weiter durchdrückte und nicht mehr lenken konnte. Als er schließlich mit rund 190 Stundenkilometer in einen Reifenstapel knallte und zum Stillstand kam, war er schon nicht mehr bei Bewusstsein. Massa erlitt eine schwere Gehirnerschütterung, eine Risswunde über dem Auge und den Bruch des Stirnbeins. Knochensplitter hatten sich zudem hinter das linken Auge geschoben. Der Brasilianer musste notoperiert werden. Danach wurde er ins künstliche Koma versetzt.

Massa hatte keine Chance. Und genau das versetzt die gesamte Formel 1 in einen Schockzustand. Seit dem tödlichen Unfall von Ayrton Senna 1994 in Imola war viel für die Sicherheit getan worden. Die Helme wurden verbessert, die Autos mit Crashboxen versehen, die Seitenwände höhergezogen. Außerdem wurden Nacken, Beine, Füße und Arme des Fahrers besser geschützt. Es gab zwar immer wieder Horrorcrashs, aber meist ohne schlimmere Verletzungen.

Die Branche wähnte sich sicher – und ist nun erschüttert. Vergangenen Sonntag starb der erst 18 Jahre alte Weltmeistersohn Henry Surtees beim Formel-2-Rennen, weil er von einem umherfliegenden Reifen am Kopf getroffen worden war. Massa überlebte nur mit Glück. „Ich dachte, dass wir das Ende solcher Dinge bereits erlebt haben. Es ist sehr beunruhigend", sagte Bernie Ecclestone nach einem Besuch an Massas Krankenbett. Auch Massas Kollegen reagierten bestürzt: „So etwas darf nicht passieren", sagte etwa Nico Rosberg, „da muss man sich etwas überlegen."

Die Angst ist zurück in der Formel 1. Was kann man tun? Die AZ beantwortet die wichtigsten Fragen zum Horrorcrash.

Hätte der Unfall verhindert werden können?

Massa wurde von einer rund 800 Gramm schweren Stahlfeder getroffen, die vom vor ihm fahrenden Brawn von Rubens Barrichello weggeflogen war. Die Gründe dafür sind noch unbekannt. Richtig verhindern lassen sich solche Unfälle aber nicht. „Wenn man dieses Szenario nachstellen wollte, würde man es wahrscheinlich in fünf Millionen Versuchen nicht schaffen, so etwas hinzukriegen", sagte der Formel-1-Sicherheitschef Charlie Whiting. Klar ist aber auch, dass vor allem der Kopf des Fahrers am wenigsten geschützt ist im Formel-Rennsport. Massas Helm brach zwar nicht, drückte sich aber fünf Zentimeter nach innen - und verursachte so auch einen Teil seiner Verletzungen

Könnte der Kopf besser geschützt werden?

„Wir müssen untersuchen, was vergangenes Wochenende und jetzt hier passiert ist, und es genau verstehen. Theoretisch gibt es die Möglichkeit von Schutzscheiben, das ist aber nicht so einfach", sagte Ross Brawn. Auch BMW-Pilot Nick Heidfeld regte an, sich mit dem Thema zu beschäftigen. „Vielleicht wäre ein Schutzschild eine Lösung. Möglicherweise wäre das aber noch gefährlicher", sagte er. „Auch in einem geschlossenen Auto können Scheiben nie so fest sein, als dass sie nicht durchbrochen werden können“, meinte Ex-Formel-1-Fahrer und Sky-Experte Marc Surer.

Wird Massa jemals wieder in der Formel 1 fahren können?

Massa wird wohl keine bleibenden Schäden davontragen. Das zweite CT, das die Ärzte Sonntagmittag machten, ergab keine Auffälligkeiten und keine Blutgerinsel im Gehirn. Massa war am Morgen auch aus dem künstlichen Koma geholt worden, um mit seinen Eltern und seiner schwangeren Frau Raffaela, die den Unfall zu Hause vor dem Fernseher erleben mussten und gleich danach nach Budapest geflogen waren, sprechen zu können. Danach wurde Massa, um den Heilungsprozess zu beschleunigen, wieder narkotisiert. 48 Stunden soll der Ferrari-Fahrer nun im künstlichen Koma bleiben. Fraglich ist aber, ob Massa das Trauma des Unfalls überwinden wird. Über seine Nachfolger – zumindest für die nächsten Rennen – wird schon spekuliert.

Filippo Cataldo

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