Nach der Lektion von Real: "Wir sind keine Träumer!"

Die 87:111-Pleite bei Real Madrid gerät zur Basketball-Lehrstunde für den FC Bayern. Dort weiß man: Zur Spitze Europas fehlt noch viel. Eine AZ-Analyse.
von  Julian Galinski
Chancenlos gegen Sergio Rodriguez (r.) von Real Madrid im Euroleague-Duell: Heiko Schaffartzik vom FC Bayern. Foto: Juanjo Martin
Chancenlos gegen Sergio Rodriguez (r.) von Real Madrid im Euroleague-Duell: Heiko Schaffartzik vom FC Bayern. Foto: Juanjo Martin © dpa

München - Auch am Donnerstag, dem Tag der Heimreise aus Spanien, staunten sie noch beim FC Bayern. „Ich habe mittlerweile schon einige europäische Topmannschaften gesehen“, sagt Vizepräsident Rudolf Schels, „aber eine Klasse wie bei Real Madrid noch nie. Die könnten mit verbundenen Augen antreten, so eingespielt sind sie.“

Zwanzig Minuten hatten die Bayern bei der derzeit besten Basketballmannschaft Europas glänzend mitgehalten. Und wurden dann gnadenlos überrollt, am Ende hieß es 87:111. Eine Basketball-Lehrstunde, für den Tabellenführer der Bundesliga. „Wir müssen neidlos anerkennen, dass wir gegen eine außergewöhnliche Mannschaft verloren haben“, sagte Sportdirektor Marko Pesic. Und Center Yassin Idbihi erklärte: „Madrid bestraft gnadenlos, eine unglaubliche Qualität.“

Die AZ macht den Check: Was fehlt noch bis zur absoluten Spitze?

Das Selbstvertrauen eines Champions
„Madrid hat eine extreme Wurfsicherheit, aus jeder Lage“, sagt Rudolf Schels. Weil Spieler wie Rudy Fernández oder Sergio Rodriguez schon in der NBA für Furore gesorgt und Weltmeistertitel geholt haben. Weil sie wissen: Dass sie den den allergrößten Herausforderungen gewachsen sind. „Real ist am oberen Ende der Entwicklung als Mannschaft angekommen, wir stehen erst am Anfang“, sagt Schels. Bei den Bayern sind sie sich jedenfalls sicher, den Grundstein für etwas Großes gelegt zu haben: „Verglichen mit der vergangenen Saison ist der jetzige Kader ein Quantensprung, sportlich wie charakterlich.“

Viele Millionen Euro
Zwar hat Präsident Uli Hoeneß stets betont, leicht Sponsoren für zusätzliche Millionen zum 12-Millionen-Etat der Bayern finden zu können. Das Budget von Real bewegt sich allerdings im Bereich von 35 Millionen. Internationale Top-Stars kosten eben. Allerdings: Madrids Basketballer machen jede Saison mehrere Millionen Minus. Ein No-Go für Hoeneß: „Die Basketballer werden dort durch die Fußballer subventioniert. Das ist nicht unser Ziel.“

Ganz einfach: Zeit
„Wenn man die Leistung unserer Mannschaft in der zweiten Halbzeit beurteilt, darf man doch bitte auf keinen Fall vergessen, dass wir gegen die beste Mannschaft Europas gespielt haben, gegen den absoluten Titelfavoriten in der Euroleague“, sagt Schels. „Eine Mannschaft, die zum Teil schon seit Jahren zusammenspielt.“ Den Bayern-Kader hat Trainer Svetislav Pesic vor der Saison fast komplett neu zusammengestellt. Im Prinzip befinden sich die Spieler immer noch in der Kennenlernphase, müssen sich nach herausragenden Einzelrollen bei ihren vormaligen Vereinen noch daran gewöhnen, nun als Kollektiv gefragt zu sein. So wie Center John Bryant etwa – der sich gegen Real im übrigen einen Pferdekuss abholte und damit möglicherweise für das Allstar-Spiel am Samstag ausfällt

Voller Fokus auf die Euroleague
Während Real Madrid nach dem neunten Titel in der europäischen Königsklasse giert, liegt der Schwerpunkt bei Bayern in Deutschland. Derzeit heißt das Motto deshalb: Meisterschaft – oder nix! „Unsere Ziele liegen ganz klar in der Bundesliga. Erstens: Platz eins nach der Hauptrunde. Zweitens: die Meisterschaft“, sagt Schels. „An das Viertelfinale der Euroleague denke ich nicht, schon gar nicht an das Top 4. Wir sind ja keine Träumer."

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