Nach den Spielen in Sotschi: Was gibt's noch zu jubeln?

Sechs der acht  deutschen Olympiasiege kamen aus Bayern. Doch hinterm Gold wird’s langsam düster – weil oft Stars und Perspektive fehlen.  
von  Julian Galinski
Ganz oben auf dem Podest.
Ganz oben auf dem Podest. © dpa

Sechs der acht  deutschen Olympiasiege kamen aus Bayern. Doch hinterm Gold wird’s langsam düster – weil oft Stars und Perspektive fehlen.

Sotschi - Rest-Deutschland ist weit abgeschlagen, ein äußerst magerer 15. Platz. Und Bayern? Solider Achter, immerhin noch deutlich vor Österreich, im fiktiven Medaillenspiegel (siehe unten). Tatsache ist nun mal: Sechs der acht deutschen Goldmedaillen stammen aus Bayern. Das klingt erst einmal sehr erfreulich. Aber wie ist die Perspektive für die kommenden Jahre? Ein Blick in die Zukunft des bayerischen Wintersports.

Maria Höfl-Riesch: Die Chancen, dass Höfl-Riesch (29) nach Gold in Super-Kombination und Silber im Super-G in dieser Saison noch zum zweiten Mal den Gesamtweltcup gewinnt, sind sehr hoch. Bis 2015 wird sie dann wohl noch weitermachen – aber danach wird sie ihre Karriere beenden, das ist sicher. Und dann? Abgesehen von Riesenslalom-Spezialistin und Bronze-Gewinnerin Viktoria Rebensburg (24) gibt es erst einmal keine Fahrerin von Spitzenformat mehr. Insgesamt dreimal Olympia-Gold, zwei Weltmeistertitel – Höfl-Riesch ist seit Jahren das absolute Aushängeschild des deutschen Skisports.

Die Rodler vom Königssee:  Hier ist alles Gold, was glänzt: Die Trainingsgruppe Sonnenschein um Felix Loch (24), Natalie Geisenberger (26) und den Doppelsitzer mit Tobias Wendl (26) und Tobias Arlt (26) holte insgesamt vier Titel, auch dank ihres Schlittendoktors Georg Hackl. Größere Verletzungen ausgeschlossen, haben sie allesamt noch einige gute Jahre im Weltcup vor sich – und die Olympischen Spiele 2018.

Skispringen: Auch wenn Severin Freund von der Großschanze als Vierter an einer Medaille vorbeischrammte: In der Breite sind die bayerischen Springer stark aufgestellt: Mit Freund (25), Marinus Kraus (23) und Supertalent Andreas Wellinger(18) – drei von vier Springern der Gold-Mannschaft. Zumindest regelmäßige Weltcupsiege sind auch in Zukunft absolut realistisch.

Felix Neureuther: Platz acht im Riesenslalom, eingefädelt und ausgeschieden im Slalom. Karrierestatus: wird zumindest pausieren. Deutschlands bester Alpin-Techniker (29) erlebte nach seinem Autounfall auf dem Weg zum Flughafen enttäuschende Winterspiele. Er hat angekündigt, nun erst einmal eine Auszeit von unbestimmter Dauer vom Profisport zu nehmen. Es bleibt: Fritz Dopfer, Slalom-Vierter.

Evi Sachenbacher-Stehle und Biatlon: Die 33-Jährige aus Reit im Winkl hat der Deutschen Olympiamannschaft eine hässliche Fratze gegeben: Als Doperin überführt, wurde sie von den Spielen ausgeschlossen. Biathlon muss wohl einen enormen Imageschaden hinnehmen. Das wird sich auf TV-Quoten und Events wie den Weltcup in Ruhpolding auswirken. Was gänzlich fehlt, sind neue Verkäufer unter den Sportlern: Niemand, bei Frauen wie Männern, hat auch nur ansatzweise das Format und Charisma von Magdalena Neuner, die mit ihren Erfolgen Funktionäre wie Fans begeisterte.

Bob und Skeleton: Die Bobfahrer blieben ohne Medaille, so schlecht waren sie seit 50 Jahren nicht mehr. In der Kritik: Bundestrainer Christoph Langen (ehemals SpVgg Unterhaching), der sich öffentlich mit dem Hersteller seiner Bobs zoffte und nun massive finanzielle Kürzungen für seinen Sport zu befürchten hat. Ebenso enttäuschend: Die Skeleton-Fahrer um Anja Huber (30). Den Sport, der fast abseits des öffentlichen Interesses stattfindet, plagen große Nachwuchssorgen.

Snowboard und Ski Freestyle: Am Samstag retteten Anke Karstens (28) und Amelie Kober (26) im Parallelslalom ihrem Sport mit Silber und Bronze nicht nur die Bilanz, sondern wohl auch die Zukunft, was die Förderung betrifft. Ohne Medaillen wären den Snowboardern, bei denen vor allem Weltmeisterin Isabella Laböck enttäuschte, wohl die finanziellen Mittel vom DOSB deutlich gekürzt worden. Die Freestyler präsentierten sich in der Spitze noch nicht konkurrenzfähig – ob der Verband die strukturellen Defizite bis 2018 in den Griff bekommt, ist zumindest fraglich.

Der Schnee: Die Grundlage allen Wintersports. Und die schmilzt, nachweislich. Wetter-Experten prognostizieren, dass die bayerischen Skigebiete mit Ausnahme der Zugspitze in 50 Jahren schneefrei sind. Die folgenden Generationen von Sportlern könnten also wohl nicht einmal mehr zu Hause trainieren.
 

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