Muhammad Ali und diese magischen Nächte

München - Es waren diese unvergessenen Nächte, als einen der Vater aus dem Tiefschlaf holte und man sich gemeinsam vor dem Fernseher breitmachte, um live dabei zu sein, wenn der wohl größte Boxer aller Zeiten durch die Mattscheibe hindurch in unserem Wohnzimmer seine Aufwartung machte. Es war Magie, die aus jeder Pore von Muhammad Ali zu strömen schien. Dieser Mann verwandelte durch seine Eleganz einen Sport, der für die archaischste Form des Zweikampfes steht, in eine Form des Tanzes, der Leichtigkeit, der Unterhaltung. Er nahm dem Boxsport sein Grauen, beraubte ihn seiner Brutalität, seiner Härte, ja, seiner Erbarmungslosigkeit.
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Ali war ein Genie im Ring, keine Frage. Aber der Mythos lässt sich nicht mit dem Sportler allein erklären. Denn der Mensch Ali war noch viel größer. Mit seinem Mut, seiner Unbeugsamkeit, der Menschlichkeit, seiner Liebe hat er Zeichen gesetzt. „Es gibt viel Wahres im Christentum, im Islam, im Hinduismus“, sagte Ali einmal, und im Angesicht der Terroranschläge von New York am 11. September erklärte er: „Ich kann nicht dasitzen und die Welt denken lassen, dass der Islam eine Religion des Tötens ist. Es schmerzt mich, zu sehen, welche radikalen Menschen das tun im Namen des Islams. Diese Radikalen tun das gegen Gott. Moslems glauben nicht an Gewalttätigkeit. Wenn die Täter Moslems sind, haben sie die Lehre des Islams vergewaltigt.“
2006 beim Kampf von Wladimir Klitschko im Madison Square Garden gegen Calvin Brock habe ich live erlebt, welche Aura Ali hat. Als er im Rollstuhl in die Arena geschoben wurde, erhoben sich alle von ihren Sitzen, es gab stehende Ovationen und minutenlange Ali-Sprechchöre für ihn. Ein gebrechlicher Mann, ja, aber ein nie gebrochener Mann.
Ein bisschen von Ali täte uns allen gut, die Welt wäre ein besserer, ein mutigerer Ort.