Münchner E-Sportler: Weg vom Nerd-Image

E-Sportler spielen ambitioniert Computerspiele. Ein Verein in München will zeigen, dass das Klischee von Eigenbrötlern in dunklen Kellern nicht stimmt.
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Nein, sie zocken nicht nur, sondern gehen auch gerne mal vor die Tür (v.l.): Alex, Phi und Patrick sind E-Sportler, die spielen kompetitiv am Computer.
Nein, sie zocken nicht nur, sondern gehen auch gerne mal vor die Tür (v.l.): Alex, Phi und Patrick sind E-Sportler, die spielen kompetitiv am Computer. © Daniel von Loeper

"Das ist 'ne wichtige Runde, auf geht's!" Patrick motiviert sein Team noch einmal. Es liegt hinten. Max, Chris und Tobi sehen ihn nicht, sie hören ihn. Kurzes Zustimmen, die Spieler machen sich bereit - mit den Gewehren. "Wir rennen dann durch, oder?" - "Ihr rast durch." Jeder der Vier hat einen der Charaktere auf dem Spielfeld eingenommen, man sieht sie nur von hinten. Sie pirschen sich an der Mauer entlang heran, rennen los. Von den Gegenspielern zündet einer eine Bombe. Der Bildschirm wird kurz grau, es soll der Staub sein.

Counterstrike ist ein Online-Taktik-Shooter und das beliebteste Spiel bei Munich E-Sports, Patrick leitet die Abteilung. Bei Counterstrike spielen zwei Teams gegeneinander, eines greift an, das andere wehrt die Angriffe ab. Dabei nimmt jeder Spieler einen Charakter auf der Karte ein. Das Ziel ist es, Aufträge zu erfüllen. Für die Anti-Terror-Einheit zum Beispiel das Befreien von Geiseln, für die Angreifer, also die "Terroristen" das Legen einer Bombe. Für jede erfüllte Mission gibt es virtuell Geld.

Die E-Sportler hätten gerne ein Vereinsheim

Ein Taktik-Spiel, das viel Abstimmung im Team erfordert. Deshalb trainiert Patrick mit den anderen aus der Gruppe drei bis vier Mal die Woche. "Hard to learn, hard to master", sagt er. Schwer zu lernen, schwer zu beherrschen. Der 20-Jährige, der Wirtschaftsinformatik an der TU studiert, hat in sechs Jahren etwa 3.500 Übungsstunden hinter sich. "Zu sehen, dass andere Spieler besser sind als man selbst, spornt enorm an."

Bei Munich E-Sports spornt man sich gegenseitig an. Der Verein existiert seit Herbst 2019 und ist der erste E-Sports-Verein in München, entstanden aus einem Hochschul-Kollektiv. Den Verein gründeten sie vor allem, um Events einfacher organisieren zu können.

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Da E-Sports nicht als gemeinnützig gilt, erhalten sie keine Förderung. Die wäre dringend nötig, um etwa einen Vereinssitz zu finden. Vor der Corona-Pandemie habe man sich von Zwischennutzung zu Zwischennutzung gehangelt, sagt der Vorsitzende, Thai Phi-Long Pham, genannt Phi. Ein Ort, an dem sich die Mitglieder - inzwischen sind es 125 - nicht nur vor dem Bildschirm, sondern im echten Leben treffen können.

Das ist Patrick und Phi wichtig: "Online zocken mit anderen könnten wir immer", sagt Patrick. "Aber was ich dabei nicht hätte, ist die Möglichkeit, Leute zu treffen." Gemeinschaftsgefühl schreiben sie groß bei Munich E-Sports - und wollen zeigen, dass Gamer heutzutage keine "Nerds" mehr sind, die die ganze Nacht allein vor ihrem Rechner sitzen. Alex ist eine der wenigen Frauen im Verein.

Viele Leute und sogar ihren Freund hat sie dort kennengelernt. Kürzlich hat sie das Spiel gewechselt und ist von der neuen Gemeinschaft, die ihr alles erklärt hat, herzlich empfangen worden. Trotzdem rät sie: "Man sollte bei der Wahl der Teams auf die Ambitionen der Mitspieler achten. Manche wollen nur Spaß haben, andere wollen weiterkommen."

Die Spieler sind befreundet, nicht nur virtuell

Patrick und seine Mitspieler Max, Chris und Tobi sind durch die vielen gemeinsamen Stunden längst Freunde geworden - im echten Leben. Ihnen ist beides wichtig: weiterkommen und Spaß haben.

Patrick sagt, er habe eine gute Balance zwischen sozialem Leben und Gaming gefunden, nie die Schule vernachlässigt, Sport getrieben. So gehe es vielen Gamern. Sie würden Sport treiben, sich gesund ernähren. Das ist auch dem Verein wichtig, er kooperiert etwa mit einem Orthopäden.

Patrick geht jeden Tag spazieren, Alex trainiert für die Bayerische Meisterschaft im Luftgewehrschießen. Doch von einem Faible zum Schießen will die 22-jährige Münchnerin, die Vollzeit arbeitet und an einer Fernuni studiert, nichts wissen. Generell würden Gamer keine Gewalt verherrlichen, sondern genau wissen, dass das Spiel eine Animation sei. Auf der anderen Seite, sagt sie, seien "gewaltbereite Menschen auch ohne Shooter gewaltbereit".

Counterstrike sei "kein Ballerspiel, sondern ein Teamspiel", sagt Phi, der Vorsitzende von Munich E-Sports. "Die Spieler müssen zusammenarbeiten und miteinander kommunizieren können", sagt er. Auch deshalb sei es so wichtig, bald eine neue Location zu finden - und die Mitglieder im realen Leben zusammenzubringen.


Mehr Infos gibt es unter munich-esports.de

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