München, das Mekka des Kletterns

Keine andere Stadt in der Welt verfügt über so große Kletterhallen – und bietet auch Outdoor sehr viel. Wo man überall kraxeln kann, lesen Sie in der AZ-Serie
Sebastian Schulke |
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München - Fontainebleau, Massone, Yosemite, Verdonschlucht oder Krabi – bei diesen Namen dürfte jedes Kletterherz schneller schlagen. Denn diese Namen stehen für einige der schönsten und anspruchsvollsten Klettergebiete der Welt. Sie locken Jahr für Jahr durch ihre bizarr geformten Felswände tausende Freikletterer an. Bezaubern und verführen durch ihre einzigartige Naturgewalt. Doch leider liegen diese Kletterparadiese nicht gleich um die Ecke, sind weit entfernt und bleiben oft nur ein Traum.


Ein Traum, dem man in München allerdings sehr nah kommen kann. Wie das? Durch einen Ausflug in Münchens urbane Klettergärten. Keine andere Stadt in der Welt verfügt über so große Kletterhallen wie die bayerische Metropole. „München ist ein wahres Mekka, wenn es um Klettern geht“, sagt Nils Schützenberger vom Deutschen Alpenverein. „Wir haben hier die höchste Anzahl an Quadratmetern von künstlicher Kletterfläche pro Einwohner. Hier kann sich wirklich jeder austoben – ob nun Anfänger, Fortgeschrittene oder Profis.“


Neben der größten Kletterhalle der Welt in Thalkirchen – mit einer Kletterfläche von 2700 Quadratmetern – gibt es auch die größte Boulderhalle der Welt. Direkt hinter dem Münchner Ostbahnhof erstreckt sich die „Boulderwelt“ (1300 Quadratmeter). Bouldern kommt übrigens von „boulder“ (englisch) – das bedeutet Felsblock – und ist das Klettern ohne Seil und Gurt. An Felswänden oder künstlichen Kletterwänden in Absprunghöhe – also bei einer Höhe von bis zu 4,5 Metern. Wobei der Boden mit dicken Matten ausgelegt wird. Oder man „spottet“ seinen Partner an der Wand, fängt ihn mit ausgestreckten Armen und Händen im Falle eines Sturzes ab.


„Das Tolle am Bouldern ist, dass man wirklich nicht viel dafür braucht. Außer einem Paar Kletterschuhe“, sagt Schützenberger: „Für Anfänger der optimale Einstieg ins Freiklettern.“ Allerdings: Einen Kletterkurs sollte jeder absolvieren, der es ernst meint mit dem Sport an Felswänden. Denn: „Klettern ist ein Risikosport, sowohl mit als auch ohne Seil. Und beim Bouldern bleibt es oft nicht“, erzählt der Kletterexperte vom DAV.


Ein Sport, der immer populärer wird. Vor knapp 20 Jahren nur etwas für Außenseiter, hat sich Freiklettern zu einem Trendsport entwickelt und kann mittlerweile sogar als Breitensport bezeichnet werden. Sieben große Hallen gibt es in und um München. „Aber natürlich wird nicht nur in den Hallen geklettert. Es gibt auch reizvolle Klettergärten draußen in der Natur, Richtung Alpen. Ich kann jedem nur empfehlen, auch einmal die Hallen zu verlassen“, sagt Schützenberger. Zudem verfügen immer mehr Schulen und Fitnessstudios über Kletterwände. Und auch in unzähligen Kellern und Wohnungen würden sich immer öfter Kletterfreaks ihre kleinen Heimreviere bauen. „Auch wenn es nur ein paar Griffe sind“, so Schützenberger. Hauptsache Klettern!


Vor über 100 Jahren fing in München alles an. Denn nicht weit von der Stadtgrenze entfernt, versteckte sich am Rande des Isartals bei Baierbrunn eine Felswand aus Nagelfluh – rund 250 Meter lang und bis zu fünf Meter hoch. Bekannt unter dem Namen „Buchenhain“. Gut zum Bouldern. Das wusste bereits Hermann Buhl. Der Innsbrucker zählte zu den Pionieren des Alpinstils und schaute öfter in Münchens erstem Klettergarten vorbei. Genauso wie Extrembergsteiger Reinhold Messner.


Und so wuchs in und um München eine Kletterszene heran, die immer größer wurde. Die keine medienwirksamen Kletterstars brauchte, um Interesse zu erzeugen und zu wachsen. „Ein Boomsport wie Tennis, der durch Boris Becker und Steffi Graf von morgens bis abends im Fernsehen lief, danach aber wie ein Kartenhaus einstürzte, wird Klettern niemals sein“, meint Schützenberger. „Klettern besteht nicht aus heißer Luft, sondern ist ein natürlich gewachsener Sport.“


Allein die DAV-Sektion München und Oberland umfasst 150<TH>000 Mitglieder – und macht damit dem FC Bayern Konkurrenz, der mit seinen knapp 169<TH>000 Anhängern zu den größten Sportvereinen der Welt zählt. „Aber darauf kommt es nicht an“, sagt Schützenberger. „Der Reiz beim Klettern liegt für mich darin, dass man nicht nur Kraft braucht, sondern auch sehr viel Grips.“ Größe und Stärke würde keine Rolle spielen. „Klettern ist einfach unglaublich vielfältig, jeden Tag findet man etwas Neues heraus“ – einen neuen Griff, eine neue Kombination, eine neue Route.

Zumal das Klettern in der Halle durch moderne Materialien und Konzepte immer attraktiver wird: In Form der sehr großzügig gestalteten Hallen- und Außenbereiche – mit Routen in allen Schwierigkeitsgraden. Und durch das sogenannte Freeformsystem, bei dem die Oberfläche einer künstlichen Wand der eines Felsens nachempfunden ist. So klettert man nicht an Griffen, sondern nutzt wie in der Natur die Wandstruktur. Und auch Kinder bekommen in den urbanen Klettergärten immer mehr geboten - durch spezielle Spiel- und Kletterbereiche in den Hallen.
„Das macht einfach großen Spaß“, sagt Schützenberger, „Da findet jeder etwas.“ Auch wenn der Massone, Yosemite oder die Verdonschlucht noch so weit weg sind.

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