München-Bewerbung: Seehofer und der zweite Ausrutscher in Vancouver
VANCOUVER/MÜNCHEN - Die Münchner Bewerbung für die Olympischen Winterspiele 2018 erlebte auf sportpolitischem Parkett in Vancouver den zweiten peinlichen Ausrutscher.
Anlässlich des Besuchs von Ministerpräsident Horst Seehofer hatte die bayerische Staatskanzlei am Freitag zu einem Pressegespräch eingeladen. Wie es in der mit „Werben für Olympia 2018 in Bayern“ überschriebenen Mitteilung hieß, wollte der CSU-Vorsitzende über erste Eindrücke und Ziele seiner Reise informieren. Erlaubt ist dies nach den Statuten des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) nicht, da München sich bereits am Montag zuvor auf einer internationalen Pressekonferenz bei den Winterspielen präsentiert hat. Kurzerhand wurde das Pressegespräch deshalb zum „Hintergrundgespräch“ deklariert.
„Dazu sage ich nichts. Ich muss es nicht kommentieren“, meinte Thomas Bach, Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), am Samstag unwirsch. „Es hat schon gereicht, dass ich davon lesen musste.“ Auch Bernhard Schwank, Geschäftsführer der Münchner Bewerbungsgesellschaft und Chef des Mission des deutschen Olympia-Teams in Personalunion, reagierte wortkarg auf das gerade noch verhinderte Pressegespräch. „Es hat nicht stattgefunden“, sagte er nur. Allerdings wurde der Medientermin im „Deutschen Haus“ von Vancouver, der im Rahmen eines bayerischen Abends stattfinden sollte, erst nach hektischen Aktivitäten hinter den Kulissen abgeblasen.
Eine Sprecherin der bayerische Staatskanzlei bemühte sich um Klarstellung. Der Ministerpräsident habe ausdrücklich deutlich gemacht, „dass es sich nicht um eine zweite Präsentation der Bewerbung um die Olympischen Spiele 2018 handelt, und Äußerungen zu diesem Thema eindeutig als Hintergrundinformationen gekennzeichnet“, sagte sie.
Die bayerische Opposition reagierte hingegen teilweise mit ätzender Kritik. „Mit seinem Gastspiel in Vancouver hat sich Seehofer die Goldmedaille in Peinlichkeit verdient“, meinte Margarete Bause, die Grünen-Fraktionschefin im Maximilianeum. „In seinem Werbeeifer für Olympische Spiele in München schießt er völlig über das Ziel hinaus und benimmt sich wie ein tappiger bayerischer Löwe im Porzellanladen.“ Ähnlich äußerten sich die Freien Wähler: „Ich bin etwas in Sorge, dass aufgrund des politischen Agierens Seehofers die Bewerbung in den Startlöchern hängen bleibt“, meinte deren Fraktionsvize Michael Piazolo.
„Es war ein Missverständnis mit der bayerischen Staatskanzlei, deshalb wird es das Gespräch in dieser Form nicht geben“, erklärte Toni Lösch, Sprecher der Münchner Bewerber. Bei dem in aller Eile zum Hintergrundgespräch umgewidmeten Treffen mit Journalisten waren keine Fragen zur Olympia-Bewerbung erlaubt. Erst danach gab Seehofer in Einzelinterviews Antworten zu München 2018, was Lösch „grenzwertig“ fand. Tom Meiler, Moderator des Seehofer-Hintergrundgesprächs, drängte schließlich zum Ende der Interviews: „Draußen ist schon der erst Kontrollposten des IOC.“
Es war bereits der zweite Fauxpas Münchens bei den Vancouver- Spielen und in unmittelbarer Nähe zum IOC, das seit dem Korruptionsskandal von Salt Lake City 2002 besonders strikte Regeln für Olympia-Bewerber erlassen hat. Bei der genehmigten Vorstellung der Vorzüge des Münchner Konzepts am Montag war Oberbürgermeister Christian Ude schon ein Fehler unterlaufen. Der SPD-Politiker hatte vor der Weltpresse in Vancouver erwähnt, beim Oktoberfest habe es „niemals“ einen ernsthaften Vorfall gegeben. Am 26. September 1980 waren bei einer Bombenexplosion direkt am Eingang der Wies'n allerdings 13 Menschen ums Leben gekommen und 211 zum Teil schwer verletzt worden. Ude entschuldigte sich später.
In den Einzelinterviews mit Journalisten warb Seehofer schließlich doch noch für München 2018 und verkündete, Bundeskanzlerin Angela Merkel zum Engagement für die Olympia-Bewerbung bewegen zu wollen. „Ich werde schauen, Bundeskanzlerin Angela Merkel, soweit es erlaubt ist, für die Präsentation zu gewinnen“, sagte Seehofer. „Die Bewerbung für die Olympischen Spiele ist ja eine nationale Angelegenheit.“
Dies soll auch mit der Willkommensfeier für das deutsche Olympia- Team am 2. März auf dem Münchner Marienplatz demonstriert werden. „Da wird mit vielen Tausenden von Bürgern für die Olympische Idee geworben“, sagte Seehofer. „Es scheint mir wichtig, dass man international zeigt, da ist eine Bewegung im Volk, und es ist keine Sonderveranstaltung von Funktionären, die sich beweihräuchern wollen.“ Ernstnehmen will er die Olympia-Gegner. „Ich möchte, dass man die Leute überzeugt und nicht überfährt“, sagte Seehofer.
dpa