München 2018 in der Krise: „Alles auf Stopp!“

MÜNCHEN - Der Olympia-Bewerbung für die Winterspiele fehlen noch gut 20 Millionen Euro, bis Oktober sollte das Geld eingetrieben sein. Der Boss sagt: „Wir müssen jetzt den Ballon steigen lassen.
Sogar Münchens Taxifahrer tun sich schwer mit der Olympia-Bewerbung. Wenn Richard Adam um eine Fahrt in sein Büro am Agnes-Pockels-Bogen bittet, dann staunen die meisten Taxler. „Das kennen die wenigsten“, sagt Richard Adam zu der Neubau-Straße zwischen Georg-Brauchle-Ring und Landshuter Allee, wo er seit 1. Januar arbeitet, als Geschäftsführer der Münchner Bewerbungsgesellschaft für die Winterspiele 2018.
Die Nachfragen der Taxler stören Adam wenig. Mehr beschäftigen ihn derzeit die Fragen nach den Finanzen. Denn da läuft es schwerer als vor 14 Monaten gedacht. Ein erster Dämpfer auf dem Weg zu den Olympischen Spielen.
Das einstimmige Votum des DOSB im Dezember 2007 für eine Münchner Bewerbung sollte ein euphorisches Signal für die Bereitschaft möglicher Sponsoren sein, schnell Geld in das Projekt zu schießen. Bis Herbst 2008 sollten die Kosten für die Bewerbung aus der privaten Wirtschaft komplett gedeckt sein. 30 Millionen Euro.
Es herrschte Euphorie. Die Zahlen jetzt wirken ernüchternd.
Denn jetzt ist Februar 2009, und in der Kasse sind erst ganze 1,5 Millionen Euro. Auch wenn Adam von Zusagen in Höhe von „knapp 10 Millionen“ Euro spricht: Da fehlt noch immer ein Batzen. Schuld, so Adam, ist die Wirtschaftskrise.
„Dadurch haben viele Firmen gesagt: Alles auf Stopp“, meinte Adam gestern zur AZ vor dem Treffen am heutigen Donnerstag. Da kommen in der Staatskanzlei die Gesellschafter der 2018-GmbH zusammen. Der DOSB (zu 51 Prozent beteiligt), die Stadt München (30), der Freistaat Bayern (9), das Skigebiet Garmisch-Partenkirchen (8), das Berchtesgadener Land mit dem Eiskanal (2). Da geht es dann um die Finanzen und um die Frage, ob nun auch die Politik mitfinanzieren muss – und damit auch der Steuerzahler.
Für Adam ist die leere Kasse nur ein erster Warnschuss. „Wir müssen jetzt einfach den Ballon steigen lassen“, sagt er, „nervös macht mich das nicht, wir müssen uns nur jeden Euro anschauen, das große Füllhorn haben wir ja nicht.“ Dass der Traum Münchens platzen könnte, als erste Stadt nach Sommerspielen auch Olympische Winterspiele auszutragen, daran will Adam nicht denken. „Ich wüsste keinen einzigen Ansatzpunkt, dass das Ding gefährdet ist.“
Noch haben sie auch etwas Zeit zum Geldeintreiben. Bis Oktober muss die Bewerbung beim IOC formlos eingereicht sein, bis März 2010 das rund 80 Seiten dicke Bewerbungsbuch in Kompaktform, die ausführliche Version dann bis Sommer 2010. Dann muss das Geld da sein. Sonst wird es eng.
Doch es hakt nicht nur beim Geld, sondern auch bei einer Personalie. So will der DOSB Leistungssport-Direktor Bernhard Schwank als Co-Geschäftsführer neben Adam installieren. „Mit dem kann ich ganz gut“, sagt Adam, „ein anständiger Typ, der etwas von der Materie versteht.“ Das mag sein, ob Schwank heute allerdings mit nötiger Zweidrittel-Mehrheit durchgewunken wird, ist fraglich. Denn auch er wird viel Geld kosten, Geld, das die GmbH woanders auch gut brauchen könnte.
Zum Beispiel bei der Transparenz. Bisher erscheint das Projekt 2018 eher wie ein Geheimbund, gibt es von der GmbH mit seinen fünf Mitarbeitern doch keine öffentlichen Telefonnummern, nicht einmal einen Internet-Auftritt. „Das wird sich ändern“, verspricht Adam, „bis Ende März haben wir eine Homepage.“ Da stehen dann auch Kontaktdaten und Adresse. Vielleicht auch mit einem Stadtplan. Für die Zukunft, für die Taxler.
Florian Kinast