»Motorenlärm ist für Adrian ein Konzert«

Über die schweizerische Formel Ford, die Formel BMW ADAC und die Formel 3 Euroserie kam Adrian Sutil zur Formel 1. Sein Vater erzählt im AZ-Interview über sein »anstrengendes Kind« und Wiesn-Besuche mit Lewis Hamilton.
AZ:Herr Sutil, Sie stammen aus Uruguay, leben aber seit fast 40 Jahren in München. Würden Sie Ihren Sohn Adrian als Latino bezeichnen?
JORGE SUTIL: Oh ja. Adrian ist sehr temperamentvoll und liebt es, gut zu leben. Aber er ist auch sehr pünktlich und superehrgeizig. Da ist er eher Deutscher. Eine gute Mischung, finde ich.
Sie waren mit Adrian nach dem letztjährigen Rennen in Brasilien in Uruguay. Wie hat es ihm dort gefallen?
Das war sehr interessant für ihn. Adrian war ja vorher noch nie da gewesen. Jetzt weiß er, wo der Papa herkommt. Diese Reise war uns sehr wichtig, aber vorher hat es nie geklappt. Wäre er nicht Formel-1-Fahrer, hätten wir diese Reise vielleicht nie gemacht.
Sie spielten die Erste Geige bei den Münchner Philharmonikern. Wie war das für Sie, als Ihr Sohn plötzlich nicht mehr Musiker, sondern Rennfahrer werden wollte?
Na ja, ich musste mich an den Gedanken gewöhnen. Adrian hat mindestens so viel musikalisches Talent wie ich. Aber was sollte ich machen? Motorenlärm ist für Adrian ein Konzert. Der Junge ist sogar mit seinem Helm in die Schule, um schneller auf die Kartbahn zu kommen. Er war wie besessen vom Autofahren. Es war abzusehen, dass es so kommen würde.
Inwiefern?
Adrian war sehr anstrengend als Kind. Der war so abenteuerlustig. Kein Baumwipfel war vor ihm sicher, keine Sportart, die er nicht ausprobieren wollte. Kaum ein Tag, an dem er sich nicht irgendwo eine Schramme zugezogen hatte. Letztlich bin ich froh, dass er Formel-1-Fahrer geworden ist und nicht etwas richtig Gefährliches macht. Stuntman würde ich schlimmer finden.
Ihr Sohn ist ständig unterwegs, lernt die Welt kennen. Ist das etwas, worum Sie ihn beneiden?
Nein, ich kenne das ja. Ich bin auch viel rumgekommen. Ich war zuletzt Gastprofessor in Japan, habe viel in Amerika und Asien gespielt. Vielleicht ist uns Sutils das Leben im Flugzeug vorbestimmt.
Im vergangenen Jahr haben Sie Adrian nur vier Mal an der Rennstrecke besucht. Wieso nicht häufiger?
Weil er da seine Ruhe braucht. Adrian fährt ja auch nicht für mich. Ich bin sein größter Fan, also mache ich das, was er von mir will.
Adrian und Lewis Hamilton sind befreundet. Wie verstehen Sie sich eigentlich mit Lewis’ Vater Anthony?
Sehr, sehr gut. Wenn wir uns öfters sehen würden, könnten wir beide bestimmt auch Freunde werden. Anthony ist ein sehr netter Mensch, überhaupt nicht abgehoben. Und dass er Lewis sehr gut erzogen hat, das weiß ich schon lange.
Ach, woher denn?
Als Lewis und Adrian noch in der Formel 3 gefahren sind, hat Lewis einige Male bei uns in Gräfelfing übernachtet. Lewis ist der wohlerzogenste Junge, der mir je begegnet ist. Immer wenn er mich im Fahrerlager sieht, kommt er und bedankt sich für die Gastfreundschaft. Dabei war das doch selbstverständlich.
Haben Sie Hamilton München gezeigt?
Vor allem Adrian hat das gemacht. Sie waren auch zusammen auf der Wiesn. Und Lewis war begeistert von den bayerischen Mädels.
Interview: Filippo Cataldo