Mit Schweinegrippe auf Tour
Tommy Haas lässt seine Viruserkrankung in München kurieren. Hat er Kollegen angesteckt?
MÜNCHEN Wer denn sonst, wenn nicht er? Als sich am späten Montagabend die Gerüchte zur Gewissheit verdichteten, dass Tommy Haas nun als erster großer deutscher Sportstar vom Schweinegrippe-Virus erfasst worden war, da hatte die unrühmliche Unglücksserie des notorischen Pechvogels einen weiteren traurigen Höhepunkt erreicht. Ohne noch einmal zum Schläger greifen zu können, war nach der Diagnose der Viruserkrankung eine Saison schlagartig beendet, in die Haas zunächst mit ernsthaften Karrierezweifeln startete, dann rauschartige Glücksmomente im Frühjahr in Halle und in Wimbledon erlebte, in der Weltrangliste zurück in die Top 20 kletterte - und nun wieder einmal im Krankenstand gelandet war.
„Das war schon ein Schlag ins Gesicht, ein Schock für mich“, sagt Haas, der sich im Moment noch zur medizinischen Beobachtung in München aufhält. Dort hatte er auch die Bestätigung für seine eigenen Zweifel erhalten, dass es sich bei der körperlichen Malaise der letzten Tage und Wochen nur um eine normale Grippe gehandelt hatte. „Ich habe Zweifel bekommen. Und der Test hat gezeigt, dass es die Schweinegrippe ist", so Haas, „zum Glück bin ich in einem sehr guten körperlichen Zustand und weiß, dass ich das schneller überwinden kann als viele andere." Trotzdem sei es wieder „eine sehr harte Zeit" gewesen.
Haas ist allerdings nicht der erste Spieler im globalen Tourzirkus, der sich mit dem H1N1-Virus angesteckt hat. Vor einigen Wochen wurde bekannt, dass der australische Jungprofi Bernard Tomic während des Wimbledon-Turniers mit Schweinegrippe infiziert war. In Wimbledon gab es zudem Gerüchte, dass drei Doppelspieler von der Viruserkrankung betroffen waren, u.a. der Slowake Michael Mertinak.
Wann Haas sich angesteckt hat, ist noch offen. Sein letztes größeres Turnier spielte er bei den US Open in New York Anfang September. Danach legte er eine längere Spielpause ein, reiste erst wieder in der zweiten Oktoberwoche zum Masters in Shanghai. Dort zeigten sich erstmals Grippesymptome, Haas gewann zwar in Runde eins gegen Benjamin Becker, musste dann aber in der zweiten Runde gegen Rainer Schüttler nach dem mit 4:6 verlorenen Auftaktsatz aufgeben. Er habe sich matt und ausgelaugt" gefühlt, so Haas.
Er reiste weiter nach Stockholm, und dort erwischte ihn die Grippe dann richtig. Nach dem Erstrundensieg gegen Florent Serra (Frankreich) war an ein Weiterspielen nicht mehr zu denken: Drei Tage lag Haas im Hotelzimmer flach, geplagt von Schüttelfrost, Fieber und Halsschmerzen. Dann, wieder etwas genesen, fasste er den Entschluss, sich sofort auf eine Schweinegrippe-Erkrankung testen zu lassen. Vor Haas hatten sich in Deutschland u.a. aus dem Spitzensport auch der Handballer Dominik Klein und der Turner Philipp Boy infiziert, aus dem Profifußball war Ex-Bayern-Profi Landon Donovan der prominenteste Betroffene.
Unklar sind bisher die Konsequenzen für den Tennis-Tourbetrieb. Schließlich könnte Haas sowohl in Schanghai wie auch in Stockholm einige Kollegen angesteckt haben, vielleicht auch Benjamin Becker und Rainer Schüttler?
Der Nordhesse Schüttler sei nach Schanghai auch an einer gewöhnlichen Grippe erkrankt, sagte sein Manager Dirk Hordorff, habe sich aber noch nicht auf H1N1 testen lassen. ATP-Sprecher Martin Dagahs erklärte in Basel, die Spieler würden seit Monaten von der Medizinischen Abteilung mit Informationen versorgt. Den Spielern werde geraten, grundsätzlich keine Handtücher von anderen zu benutzen oder Trinkflaschen zu teilen. Bei Grippesymptomen solle sofort ein Arzt kontaktiert werden. Zur möglichen Konsequenz von Turnierabsagen hieß es: "Wir brechen nicht in Panik aus. Gute Prävention und Information sind jedoch essentiell."
Tommy Haas jedenfalls hat sich wieder berappelt: „Es geht mit deutlich besser", sagt er – und will, sobald er gang genesen ist von der Schweinegrippe, bald wieder angreifen.
Jörg Allmeroth
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