Mit Bodyguard in der achten Liga
Der Weltenbummler ist wieder zurück, zurück in München: Werner Lorant coacht Ataspor in Berg am Laim – und tobt noch wie zu besten Löwen-Zeiten. Die AZ besuchte ihn zur Heimpremiere gegen Gründe Heide Ismaning.
MÜNCHEN Am Ende wollte sogar der gegnerische Trainer, mit dem er sich vorher an der Seitenlinie gezankt hatte, ein Erinnerungsfoto mit Werner Lorant (59). „Es ist etwas Außergewöhnliches, wenn man Lorant als Trainer gegenüber steht“, sagte Horst Kraus, Trainer von Grüne Heide Ismaning, „der ist einfach immer noch eine Attraktion.“
Lorant, der einstige Star-Trainer des TSV 1860, ist seit Freitag Coach des Bezirksligisten Ataspor München. Eine Sensation im Münchner Amateurfußball: Gestern noch in China beim chinesischen Ex-Meister Liaoning, heute in Berg am Laim. Zum Einstand gab’s ein 2:2 gegen Aufsteiger Grüne Heide Ismaning.
"Ich glaub’, ich spinn“
Das war nicht nach Lorants Geschmack. „Zwei Gegentore in einem Heimspiel – ich glaub’, ich spinn“, so fauchte er die Bezirksligakicker an. Ob Bundesliga oder Amateurfußball: Lorant kann nicht anders als den wilden Werner zu geben. Und so verpasste er den Hobby-Kickern von Ataspor zwei Strafrunden im zügigen Tempo, das er selbst überwachte. „Für zwei so dumme Tore musst du einfach was extra machen!“, polterte Lorant.
Die 500 Zuschauer auf der Anlage an der Fehwiesenstraße (sonst kommen keine 100 zu den Heimspielen von Ataspor) mussten schmunzeln, als Lorant in seiner Coaching-Zone loslederte. „Hast du einen an der Waffel?“, blaffte er Gäste-Trainer Kraus an – und auch seine eigenen Spieler machte Lorant an. Einmal holte er sich Dennis Türker zu sich an die Seitenlinie – und schrie ihn an: „Du hast Stutzen wie ein Großer – aber spielen tust wie ein Kleiner!“ Auch Schiedsrichter Benjamin Ebertseder nahm Lorant ins Visier: „Wenn du so pfeifst, brauchst dich nicht wundern, dass du aus der Bezirksliga nicht rauskommst!“
Wo Lorant, einst mit 1860 in der Champions-League-Qualifikation, jetzt mittendrin ist. Ein Bolzplatz-Imperator. Der Typ, im großen Fußball nur noch schwer vermittelbar, hat auch in der Bezirksliga noch Unterhaltungswert. Damit ihm keiner zu nahe kam, postierte sich dicht hinter ihm der frühere Box-Weltmeister im WBF, Levent Cukur. Lorant mit Bodyguard in der 8. Liga.
"Das ist alles top hier"
Bis zum Winter will Lorant bei Ataspor bleiben. „Ich habe sofort Trainingsklamotten bekommen – das ist alles top hier, besser als in manchem Profi-Klub“, lobte Lorant die Bedingungen beim ranghöchsten türkischen Verein in Bayern (Türk Gücu spielt ja nur noch Kreisliga). Lorant hat nicht nur einen großen Betreuerstab um sich gescharrt, er hat auch einen Spieler mit klangvollem Namen: Ailton, ein Brasilianer, natürlich nicht zu verwechseln mit dem ehemaligen Bundesliga-Torschützenkönig von Werder Bremen. Aber Tore schießen kann auch der Mini-Ailton: Er rettete Lorants Einstand und traf kurz vor dem Ende zum 2:2.
Der späte Ausgleich war Lorant genauso wichtig wie die Erstversorgung durch Masseur Klaus Kerndl aus Wolfratshausen, der vor dem Anpfiff noch das lädierte rechte Knie des Trainers behandelt hatte. Zu Kerndls Service gehört auch Akupunktur und Sauerstofftherapie – ob’s Lorants Spieler bald brauchen?
Lorant hat noch etwas vor bei Ataspor: Möglicherweise holt er demnächst einen ehemaligen Fenerbahce-Star in die Bezirksliga: Cem Karaca (32), derzeit vertragslos. „Der ruft mich immer wieder an. Mal schauen, was möglich ist.“ Auf dem Bolzplatz offenbar alles.
Oliver Griss
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