"Menschen mit Witz, Charme und Intellekt"

Vitali Klitschko wagt am Samstag sein Comeback gegen Weltmeister Samuel Peter. Hier erklärt Ex-Weltmeister Henry Maske, selbst so ein Ring-Rückkehrer, was davon zu halten ist.
von  Abendzeitung
„Sie sind gut für das Schwergewicht. Sie können boxen und sehen auch gut aus“: Vitali Klitschko (l.) und sein Bruder Wladimir genießen Maskes Hochachtung.
„Sie sind gut für das Schwergewicht. Sie können boxen und sehen auch gut aus“: Vitali Klitschko (l.) und sein Bruder Wladimir genießen Maskes Hochachtung. © firo/Augenklick

Vitali Klitschko wagt am Samstag sein Comeback gegen Weltmeister Samuel Peter. Hier erklärt Ex-Weltmeister Henry Maske, selbst so ein Ring-Rückkehrer, was davon zu halten ist.

AZ:Herr Maske, Vitali Klitschko gibt am Samstag sein Comeback gegen Samuel Peter nach vierjähriger Ringpause. Das muss in Ihren Augen ja ein Klacks sein, Sie waren gleich elf Jahre weg und haben das Comeback gegen Virgil Hill trotzdem gewonnen. Deswegen bezeichnet Sie Klitschko ja auch jetzt als sein Vorbild.

HENRY MASKE: Das ehrt mich sehr. Vitali war ja eigentlich in all den Jahren nicht weit weg vom Boxen. Anders als ich. Er hatte nie wirklich den Abstand, den ich ja hatte, der wirklich den Sport ganz verlassen hatte. Ich glaube, die Art, wie er seine Karriere beenden musste, aufgrund von Verletzungen, das hat ihm einfach sehr weh getan. Deswegen hat er nie aufgehört, ein Boxer zu sein. Er und auch sein Bruder Wladimir haben mein Comeback damals von Anfang an unterstützt. Und als ich das dann gewinnen konnte, da konnte Vitali kaum noch anders. Bei ihm sind es ja nur vier Jahre. Er hat mich kürzlich auch angerufen und mir noch mal gesagt, dass ihn der Kampf gegen Hill inspiriert hat.

Er hat aber das Problem, dass sein Körper sehr verletzungsanfällig ist. Vor einem Jahr platzte das Comeback eine Woche vor dem Fight wegen eines Bandscheibenvorfalls. Kann man diesen Zweifel, der ja irgendwo im Kopf sein muss, einfach wegschieben?

Ich bin mir sicher, diese Überlegungen wird er haben. Ich hatte sie selber auch. Egal, wie stark man im Kopf ist: Nach so langer Pause weiß man es halt nicht. Und bei mir war es ja so, dass ich eigentlich in meiner Karriere, anders als Vitali, kaum verletzt war. In der Vorbereitung hatte ich dann mehr Verletzungen als in der gesamten Karriere zusammen. Und mit seinen 110 Kilo sind die Belastungen noch ganz andere. Daher werden diese Sorgen sicher irgendwo im Hinterkopf sein. Ganz abstellen, das ist kaum möglich.

Speziell bei einem Boxer, der ja nicht so sehr von seiner Technik, sondern seiner Physis und mentalen Stärke lebt.

Absolut richtig. Aber ich glaube, diese mentale Stärke ist auch sein großer Vorteil. Er ist sicher nicht so der Filigrantechniker. Ich finde die Klitschkos dadurch auch sehr interessant. Auf der einen Seite Wladimir: Sehr viel filigraner, ein sehr guter Techniker, der aber in seinen Kämpfen nicht zwingend das letzte Risiko geht. Und auf der anderen Seite Vitali mit dieser unglaublichen mentalen Kraft, der bis zur letzten Sekunde beißen kann. Mir haben seine letzten Kämpfe sehr gut gefallen. Da hat er sich selber gefunden, da hat er sich als große Box-Persönlichkeit präsentiert. Ein Fighter, der eben überzeugt ist, auch einen Lennox Lewis schlagen zu können. Deswegen Freude ich mich auch, ihn wieder im Ring zu sehen.

Wer wird gewinnen? Peter hat zwar einen gewaltigen Schlag, aber er wirkt langsam und technisch limitiert.

Peter ist begrenzt. Klar, er kann einen ausknocken, aber ich erwarte von einem guten Boxer mehr. Ich habe da einen anderen Anspruch. Nämlich dass er dich auch über die Runden ausboxen kann. Das sehe ich bei ihm nicht. Ich habe schon vor langem gesagt, wenn Vitali und Wladimir das Schwergewicht nicht auf Jahre dominieren, dann läuft was falsch. Ich denke, diese Chance haben sie jetzt. Sie sind gut für das Schwergewicht. Sie können boxen und sehen auch gut aus, sind durchtrainiert, sehen wie Athleten aus. Was man ja nicht von allen Schwergewichtsboxern sagen kann. Die Klitschkos sind Paradeboxer dieser Gewichtsklasse. Und sie verkörpern auch gute Werte. Sie präsentieren sich als Menschen mit Witz, Charme und Intellekt.

Die Klitschkos führen fort, was der Gentleman-Boxer Maske vorgemacht hat.

Es ist doch toll, dass Boxer nicht mehr nur dumm und primitiv sein dürfen. Dass sie nicht mehr die Klischees erfüllen müssen, für die sie dann wieder kritisiert werden.

Der Erste, der dieses Klischee in Deutschland durchbrach, war der unvergessene Max Schmeling. Sie werden Schmeling, den Sie und auch die Klitschkos gut kannten und den Sie alle als Vorbild hatten, in einem Film verkörpern. Große Fußstapfen, die Sie da ausfüllen wollen.

Definitiv. Ich hatte ja das Glück, Max kennen lernen zu dürfen. Und er sah in mir wohl auch ein paar Dinge, die er auch in sich sah, ohne dass ich mich auch nur im Ansatz mit ihm vergleichen will. Als irgendwann mal vor vielen Jahren die Thematik eines Films über ihn angesprochen wurde, da sagte er spontan: „Da spielt mich dann aber der Henry.“ Das war für mich mit der Grund, dass ich diese Aufgabe überhaupt angehe. Ich war schon zu Lebzeiten von Max begeistert, aber jetzt, da ich mich auf die Rolle vorbereite, mit Wegbegleitern spreche und noch viel mehr über ihn lese, wird diese Figur noch faszinierender, als sie eh schon für mich war. Er hat sein Leben in beispielhafter Weise gemeistert. Meine Bewunderung für ihn ist noch größer geworden. Es ist eine Ehre für mich, ihn darstellen zu dürfen.

Interview: Matthias Kerber

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