„Mein Ziel? München 2018!“

Beim Erdinger Volksfest spricht der Biathlon-Star über seinen Graus vor Landhausmode, seine Bewunderung für Usain Bolt, sein Verhältnis zu Frank Ullrich und die Gedanken ans Karriereende.
AZ: Schaut ja fesch aus, Herr Greis. Tragen Sie oft Tracht?
MICHAEL GREIS (33): Gern, aber selten. Ich hab’ daheim zwei Lederhosen, beide kurz. Aber ein richtiger Trachtler bin ich nicht. Wenn Tracht, dann bei Anlässen wie beim Volksfest. Nur bloß keine Landhausmode. Ein Graus.
Verständlich. Bald ist die Zeit der kurzen Hosen aber sowieso vorbei – sind Sie schon heiß auf den Schnee?
Gar nicht. Mir taugt der Sommer. Im Oktober geht für mich eh der Winter los. Zwei Wochen Training am Gletscher, eine Woche Skihalle Oberhof, dann ist November und Saisonbeginn. Darum schau ich, dass ich den September noch genieße. Der August war ja auch noch richtig schön.
Waren Sie im Urlaub?
Nein. Viel trainiert habe ich. Und Leichtathletik-WM geschaut. Sehr faszinierend.
Was vor allem?
Die 100 Meter vom Bolt. Auch die Show, die er macht. Ich mag vor dem Start ja immer meine Ruhe, aber wenn ich nur zehn Sekunden hätte wie er, dann würde ich vielleicht auch so einen Flachs machen.
Dabei hat er ja nicht einmal zehn Sekunden. So schnell, wie er ist.
Der Bursche ist sensationell.
Sind Sie gar nicht skeptisch, ob bei ihm alles sauber ist?
Leichtathletik ist ein schwieriges Pflaster. Der Bolt schaut aber ja nicht aus wie ein Ben Johnson, der war ja ein laufendes Monster. Ich glaube, Bolt ist sauber.
Und was glauben Sie bei Frank Ullrich? Es gab Vorwürfe gegen den Biathlon-Bundestrainer, er habe zu DDR-Zeiten Dopingmittel verabreicht, im Juli sprach ihn eine Kommission frei und entschied, dass er bleiben darf.
Was soll ich da sagen. Ich bin nicht in der DDR groß geworden. Ich weiß nicht, was da abging. Ich kann da nichts sagen dazu, weil ich nicht dabei war.
Dann sagen Sie doch etwas zu Ihrem jetzigen Verhältnis zu Frank Ullrich.
Es ist schon ganz ordentlich.
Genau vor einem Jahr sorgten Sie mit Ihrer Kritik an ihm für viel Wirbel. Sie begeherten auf gegen seinen veralteten Führungsstil.
Frank Ullrich hat sich den letzten Winter sehr bemüht, dass er das, was ich angesprochen habe, anders macht. Ich habe meine Meinung gesagt, ich bin eben geradliniger als andere. Und ich habe keinen gehört, der gesagt hat, dass die Kritik schlecht war. Frank Ullrich ist nun einmal eine sehr extreme Persönlichkeit, aber er hat sich verändert.
Also hat Ihr Aufbegehren ja gefruchtet.
Es war ja nicht nur ich, der was gesagt hat. Gut, ich war das Sprachrohr, viele haben sich da dann hinten dran gehängt. Ich habe auch heuer wieder viel alleine am Stützpunkt Ruhpolding trainiert, was nicht heißt, dass ich mir da einen faulen Lenz gemacht habe und gesagt habe: Oh, heut’ ist das Wetter schlecht, heut’ mach ich mal lieber nix. Das ist kein Wünsch-Dir-was-Programm, ich kenne meine Trainingsumfänge sehr gut, ich weiß ganz genau, was ich zu tun habe, gerade im Hinblick auf Olympia.
Frank Ullrich hört nach Vancouver auf, und Sie?
Wenn ich das Gefühl habe, dass ich noch motiviert und gut dabei bin, mache ich noch ein paar Jahre weiter. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich nach Vancouver aufhöre. Familienplanung ist auch kein Thema. Die Kathrin (Lebensgefährtin Hitzer, d. Red.) hat ihre besten Jahre ja noch vor sich.
Die ist ja auch noch jung. 23.
Eben. Und vom russischen Modell halte ich wenig. Kind kriegen, Babypause, dann die Karriere fortsetzen, das haben ja viele Biathletinnen dort gemacht. Für uns ist das nix. Nein, mein Ziel ist auf jeden Fall München 2018.
Die Winterspiele, um die sich München bewirbt? Respekt. Dann sind sie 41.
Ich weiß. Da bin ich dabei. Ich weiß halt nur nicht, ob als Athlet oder als Zuschauer.
Interview: Florian Kinast