Maximilian Arnold vom VfL Wolfsburg: "Junge Spieler sind heute zu satt"
AZ: Herr Arnold, das 1:1 zwischen Ihren Wolfsburgern und Schalke 04 am Mittwoch wurde vom Tod eines Schalke-Fans überschattet. Wie haben Sie auf dem Platz davon erfahren?
Maximilian Arnold: In der ersten Halbzeit gab es noch Support von den Fans, in der zweiten dann nicht mehr. Das hat mich anfangs sehr gewundert. Doch dann ist durchgedrungen, dass etwas passiert ist. Und ich finde es völlig richtig, wie die beiden Fanlager gehandelt haben. Eine vergleichbare Situation habe ich noch nicht erlebt.
Am Samstag geht’s nun zu den Bayern. Was ist möglich?
Bayern presst jetzt unter Hansi Flick viel höher, da haben sie einen Schritt nach vorne gemacht. Nichtsdestotrotz sind sie in der Rückwärtsbewegung anfällig, das hat man etwa im Spiel gegen Leverkusen gesehen. Da wollen wir ansetzen – und versuchen, dass hinten die Null steht.
Arnold: "Ich hoffe und denke nicht, dass Bayern Meister wird"
Ihre Bilanz ist mit zwei Siegen aus 14 Spielen gegen Bayern allerdings ausbaufähig.
Das stimmt. Aber heute hat unser Sportdirektor Marcel Schäfer gesagt, dass er als Spieler 17 Mal nach München gefahren ist und 17 Mal verloren hat. Da habe ich dann doch eine bessere Statistik und bin guten Mutes.
Wer ist Favorit auf die Meisterschaft?
Ich finde es geil, wie es gerade ist. An der Tabellenspitze ist es nicht so langweilig wie sonst, als Bayern sehr konstant unterwegs war. Alle, die gerade oben stehen, zählen zum engeren Favoritenkreis auf den Titel. Ich hoffe und denke nicht, dass Bayern in der Rückrunde durchmarschiert.
Sie haben zuletzt gegen Gladbach ein hübsches Volleytor geschossen. Woher kommt die Schussstärke im linken Fuß?
In die Wiege wurde sie mir nicht gelegt. Meine Mutter war Leichtathletin, mein Vater hat unterklassig Fußball gespielt auf dem Dorf. Ich habe in meiner freien Zeit schon als kleiner Junge immer gekickt, gegen die Wand geschossen oder mit Kumpels auf dem Bolzplatz gespielt. In meiner trainingsfreien Zeit in der Jugend von Dynamo Dresden haben wir oft stundenlang gebolzt, bis wir Schmerzen hatten oder die Sonne untergegangen ist. Diese Zeit vermisse ich auch, aber das ist heutzutage nicht mehr möglich.
Arnold spricht sich für Standardvertrag für Jugendspieler aus
Fehlen Deutschland diese Bolzplatzkicker?
Die Individualität ist schon noch da, wenn man sich die Nationalmannschaft mit Spielern wie beispielsweise Kai Havertz anschaut. Es geht eher darum, dass jungen Spielern vieles abgenommen wird, dass sie sich nicht mehr alles erarbeiten müssen. Als ich von Dresden nach Wolfsburg gekommen bin, war das ein Riesenunterschied. In Dresden musste ich meine Trainingssachen selbst waschen, in Wolfsburg habe ich sie in eine Wäschetonne geworfen. Ich sehe das Problem, dass junge Spieler heute zu schnell satt sind, dass sie vielleicht gar nicht mehr hundert Prozent geben müssen. An diesem Punkt sind wir und müssen jetzt die Kurve kriegen. Wenn man sich etwas erarbeiten muss, macht man automatisch mehr für den Erfolg. Da müssen junge Spieler wieder hinkommen.
Spielt da auch das Geld in jungen Jahre eine Rolle?
Es ist natürlich noch kein Jugendspieler reich, wenn er 5.000 Euro verdient. Wer gut ist, soll auch gut verdienen. Man kann Jugendliche, die noch kein Bundesliga-Spiel gemacht haben, aber nicht nach drei Wochen mit einem Profivertrag ausstatten und ihnen fünfstellige Summen überweisen. Das ist eine Zwickmühle. Wenn man das nicht zahlt, verliert man diese Talente. Deshalb müsste es aus meiner Sicht in ganz Deutschland einen Standardvertrag geben, mit dem jeder Jugendspieler einer Altersklasse gleich viel Geld verdient. Und die, die sich dann durchsetzen, dürfen auch mehr verdienen.
Zum Abschluss: Was haben Sie bislang von Ihrem neuen Trainer Oliver Glasner gelernt?
Ich hatte schon so viele Trainer in meiner Karriere, irgendwann hört man auf, von allen etwas zu lernen (lacht). Nein, Spaß beiseite. Man nimmt von jedem Trainer etwas mit. Oliver Glasner ist ein unheimlich schlauer Trainer, menschlich top, er hat ein sehr gutes Gespür für uns.
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