Maria Höfl-Riesch vor Saisonstart im AZ-Interview: "Die Männer haben ein tolles Team"

Maria Höfl-Riesch fiebert dem Saison-Auftakt in Sölden entgegen. In der AZ erklärt sie, warum das nicht immer so war, was sie dem deutschen Team zutraut und warum sie keine Angst vor Nordkorea hat.
von  Thomas Becker
Maria Höfl-Riesch traut dem Männer-Team vor Saisonstart einiges zu.
Maria Höfl-Riesch traut dem Männer-Team vor Saisonstart einiges zu. © dpa

München - Die 32-jährige Maria Höfl-Riesch gewann einmal den Ski-Gesamt-Weltcup, drei Olympische Goldmedaillen und zweimal Gold bei den Weltmeisterschaften. Seit ihrem Karriereende arbeitet sie als TV-Expertin. 

AZ: Frau Höfl-Riesch, für Ihren Job als Skisport-Expertin bei der ARD mussten Sie eine andere Beschäftigung unterbrechen: die als Fitness-Coach auf der MS Europa 2, die gerade Richtung New York unterwegs ist. Der Weltcup-Auftakt am Wochenende in Sölden liegt schon ganz schön früh im Jahr, oder?
MARIA HÖFL-RIESCH: Das war schon immer ein schwieriger Termin, auch für mich in meiner aktiven Zeit. Der Riesenslalom war ja nicht gerade meine beste Disziplin. Und dann gleich dieser schwierige, steile Hang am Rettenbachferner – so richtig gut war ich da eher selten. Man kommt halt erst Ende September vom Trainingslager in Übersee zurück, hat dann nur eine kurze Pause, bevor es nach Sölden geht – und danach ist wieder fast ein Monat Pause. Aber es ist dennoch eine tolle Veranstaltung, ein schöner Auftakt in die Saison – und ein erster Gradmesser für alle. Ich Freude mich jetzt mehr drauf als früher.

Wobei so viele Stars wie noch nie wegen Verletzungen fehlen: Anna Veith, Lara Gut, Ilka Stuhec und Eva-Maria Brem, Marcel Hirscher, Aksel Svindal, Carlo Janka und Fritz Dopfer bei den Männern. Immerhin ist Ihr alter Klassenkamerad Felix Neureuther am Start – sicher keine einfache Situation für ihn als frisch gebackenen Vater...
Da kann ich mich jetzt nicht so in ihn reinversetzen. Das ist wohl auch bei jedem wieder anders. Ich denke aber, dass er mit großen Zielen in die Saison geht.

Was trauen Sie ihm und den übrigen DSV-Läufern heuer zu?
Den Herren auf jeden Fall einiges! Bei denen ist es wohl auch im Sommertraining sehr gut gelaufen. Beim im vergangenen Jahr schon starken Speed-Team gilt es nun, den nächsten Schritt zu machen – das heißt, auch mal um den Sieg mitzufahren! Die Jungs sind wirklich ein tolles Team.

Wie sieht’s bei den Technikern, also im Slalom und Riesenslalom, aus?
Fritz Dopfer kämpft noch mit den Nachwirkungen seiner Verletzung; er wird das Ganze bestimmt zunächst einmal etwas vorsichtiger angehen. Bei Stefan Luitz und Linus Strasser, da könnte heuer schon was gehen! Und Felix ist ja sowieso seit Jahren konstant vorne dabei. Er hat einen ganz anderen Anspruch. Da kann es auch mal einen Platz fünf oder sieben geben, aber er erwartet mehr von sich: Podestplätze, Medaillen. Wenn ihm alles aufgeht, ist er einer der Besten – und das weiß er auch.

Was ist vom Frauen-Team zu erwarten?
Da ist natürlich Viktoria Rebensburg, in Topform kann sie immer um Siege mitfahren. Hinter ihr fehlt aber die Breite, zumindest auf internationalem Niveau. Das hat sich bereits angedeutet, als ich noch gefahren bin. Damals hat sich im Slalom zeitweise kaum jemand für den zweiten Durchgang qualifiziert. Das Loch fiel nur nicht so auf, weil ich noch da war. Im Trainerbereich wurde in letzter Zeit einiges geändert, da lief es sicher nicht optimal. Jetzt gibt es wieder neue Trainer und damit auch neue Hoffnung. 

Im Februar finden in Südkorea die Olympischen Winterspiele statt, in einer Region, die politisch aufgeladen ist und in der zuletzt gar über Militärschläge spekuliert wurde. Wie viel Lust haben Sie, in ein potenzielles Kriegsgebiet zu fahren? Nicht nur Felix Neureuther brachte den Gedanken ein, die Spiele zur Not abzusagen.
Es ist geplant, dass ich die gesamten Spiele über dort bin. Was die Sicherheitslage angeht: Die Situation in Sotschi vor vier Jahren galt als ähnlich kritisch. Da standen Soldaten mit Kalaschnikows an jeder Ecke. Ich denke, dass auch in Südkorea die Sicherheitsvorkehrungen gewaltig sein werden, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass dort Olympische Spiele stattfinden, wenn irgendeine Gefahr besteht. Ich lasse das mal auf mich zukommen. 

Ist es nicht demotivierend für Sportler, in einem solchen Retorten-Skiort antreten zu müssen? Bei den nächsten Spielen wird es mit Peking ja noch schlimmer. Hat man da überhaupt Lust drauf? Und: Waren Sie schon mal in Pyeongchang?
Ich war noch nicht da. Die Bilder sahen aber toll aus. Mal sehen, wie es wirklich dort ist. Vom Klima her ist wohl zwischen plus zehn und minus 20 Grad alles möglich – aber das ist ja bei uns mittlerweile auch so. Und was die Motivation für Olympia betrifft: Die ist nicht anders als in einem traditionellen Skiort. Schließlich geht es am Ende trotzdem um Medaillen. Natürlich ist es ein bisschen schade, und man hat schon ein komisches Gefühl, in einem Ort wie Pyeongchang zu sein. Was ich aber nicht verstehe: Bei uns beschwert sich jeder, dass Olympia nur noch an solchen Orten stattfindet, aber keiner will die Spiele mehr hier haben! Das passt für mich einfach nicht zusammen.

 

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