Marco Sturm: "Man kann Olympia mit nichts vergleichen"
Der gebürtige Dingolfinger (39) bestritt zwischen 1997 und 2012 1006 Spiele in der nordamerikanischen NHL. Seit 2015 ist er Bundestrainer und führte das Team zweimal ins WM-Viertelfinale und zu den Olympischen Spielen.
AZ: Herr Sturm, Olympia steht bevor, Sie haben sich nach dem Scheitern 2014 wieder qualifiziert. Wie groß ist die Vorfreude?
Marco Sturm: Man merkt, dass die heiße Phase beginnt - mit der Nominierung, aber auch schon davor. Das Turnier kommt immer näher und natürlich steigt da die Vorfreude.
Am Dienstag haben Sie den endgültigen 25-Mann-Kader nominiert. Wo lag hier der Fokus bei Ihrer Entscheidung?
Zum einen musste ich beachten, dass wir keine richtige Vorbereitung haben, sondern nur ein paar Tage in Füssen und ein Vorbereitungsspiel in der Schweiz. Deshalb brauche ich natürlich Spieler, die mein System und meine Spielstruktur kennen. Ein anderer Grund war auch unsere Gruppe. Wir haben Skandinavier als Gegner, die sind einfach läuferisch und taktisch sehr gut.
Sie waren als Spieler bei drei Olympischen Spielen aktiv dabei. Was macht Olympia aus Ihrer Sicht so besonders?
Man kann es gar nicht vergleichen mit Weltmeisterschaften oder Playoffs. Es ist etwas ganz Besonderes. Jedes einzelne Olympia-Turnier war eine tolle Erfahrung für mich. Es war nicht immer leicht, weil wir wussten, dass wir gegen richtig harte Nationen spielen und wahrscheinlich auch verlieren. Deswegen hoffe ich, dass es wegen der fehlenden NHL-Spieler in diesem Jahr ein bisschen anders ist. Die Chance, bei Olympia dabei zu sein, bekommt man vielleicht nur einmal im Leben und deshalb sollen die Jungs das auch genießen. Aber der Fokus liegt trotzdem auf dem Sport.
Macht es Olympia auch so besonders, dass viele Sportler aus verschiedenen Sportarten an einem Ort unter sich sind?
Ich finde schon. Es wird so aufgeteilt, dass die deutschen Sportler meist in einem Haus sind. Das heißt, über uns ist dann zum Beispiel der Eiskunstlauf oder der Eisschnellauf. Das ist dann schon schön, wenn man jeden Tag zusammenkommt. Man lernt sich kennen, tauscht sich aus, erlebt die Höhen und Tiefen miteinander und unterstützt sich auch gegenseitig. Der Zusammenhalt untereinander ist schon gewaltig.
Sie haben auch die fehlenden NHL-Spieler schon angesprochen. Sehen Sie das als Vorteil für Ihre Mannschaft?
Das wird man sehen. Fakt ist, dass Schweden und Finnland einfach auf einem anderen Level sind als wir - egal ob mit oder ohne NHL-Spieler. Aber Fakt ist auch, dass wir die großen Nationen schlagen können. Ich hoffe, dass der Unterschied nicht so groß ist wie bei meinen letzten Olympischen Spielen.
Wann ist Olympia aus Ihrer Sicht ein Erfolg?
Unser Ziel ist die Zwischenrunde. Dafür müssen wir drei oder vier Punkte erreichen - das wäre ein toller Erfolg. Aber wir konzentrieren uns jetzt einfach auf Spiel eins, das wird hart genug gegen die Finnen. Es ist ja schon ein schöner Erfolg, dass wir überhaupt dabei sind. Jetzt wollen wir den nächsten Schritt machen.
Sie sind nun im dritten Jahr Bundestrainer. Wie fällt Ihr Fazit aus?
Sehr positiv, es macht mir unheimlich viel Spaß. Es gab fast nur schöne Momente. Mein Start mit dem Deutschland Cup, die Weltmeisterschaft in Russland, die Heim-WM, die Olympia-Qualifikation. Da haben wir gut gespielt und deshalb ist der Trainer natürlich zufrieden. Auch das ganze Drumherum macht Spaß. Es haben alle mitgezogen, die Spieler, der Verband und auch die Fans. Wir halten zusammen und nur so können wir Erfolge feiern.
Viele Fans und auch der Verband wünschen sich, dass Sie Bundestrainer bleiben. Noch zögern Sie aber mit der Verlängerung. Woran liegt das?
Ich würde nicht sagen, dass ich zögere. Es gibt einfach mehrere Punkte, die man durchgehen muss. Dass das nicht von heute auf morgen funktioniert, ist normal. Wir arbeiten daran. Das Gute ist, dass der Verband und auch ich weiter zusammenarbeiten wollen. Es muss aber auch passen und es muss auch die eine oder andere Änderung kommen. Wir sind auf einem guten Weg. Ob es bald klappt oder später oder vielleicht auch nicht, das muss man abwarten. Da bin ich ganz locker.
Sprechen wir noch über Sie persönlich. Sie haben Ihren Lebensmittelpunkt von Florida wieder nach Niederbayern gelegt. Hand aufs Herz: Wie schön ist es, wieder daheim zu sein?
(lacht) Ich bekomme viele Fragen, warum wir wieder ins Kalte gezogen sind. Aber wir genießen jeden Tag, auch wenn so ein schlechtes Wetter ist. Wir waren doch lange weg und uns gefällt es. Für die Kinder war es mit der Schule nicht so einfach, aber das haben sie gut weggesteckt. Wir sind glücklich hier, das ist unsere Heimat.
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