Marathonlauf im Boxring

Haye bewzingt Walujew nach Punkten, doch der Kampf hatte kaum Klasse. „Ich muss mich bei den Fans entschuldigen“.
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Am Ende kassierte Nikolai Walujew (links) einige Schläge zu viel. Die Punktrichter sahen David Haye vorne.
Bongarts/Getty Images Am Ende kassierte Nikolai Walujew (links) einige Schläge zu viel. Die Punktrichter sahen David Haye vorne.

Haye bewzingt Walujew nach Punkten, doch der Kampf hatte kaum Klasse. „Ich muss mich bei den Fans entschuldigen“.

NÜRNBERG Goliath fiel nicht, doch er wackelte verdächtig.

„Ich wollte ihn ausknocken. Aber der Junge hat Schläge weggesteckt, die hätten jeden anderen gefällt“, tönte David Haye (29), der sich in den letzten Sekunden des Kampfes gegen Nikolai Walujew bereits mit hocherhobener Faust als Sieger feiern ließ.

Es reichte nur zu einem Punktsieg durch Mehrheitsentscheidung. „Der Punktrichter, der unentschieden gewertet hat, sollte Ehrenvorsitzender des Blindenverbandes werden“, keilte Haye nach dem Fight weiter.

Zuvor war Walujew, der 2,13-Meter und 145-Kilo-Mann, zwölf Runden unglaublich schwerfällig durch den Ring gestapft. Hilflos, ideenlos, ratlos, chancenlos präsentierte sich der 36-jährige Walujew. „Ich war gekommen, um zu kämpfen – aber auf einen Marathonlauf war ich nicht vorbereitet. Haye ist nur gelaufen. Ich muss mich bei meinen Fans entschuldigen“, sagte Walujew.

Es war der Fight eines Mannes, der boxerisch dermaßen limitiert ist, dass er nicht in der Lage war, seine Strategie auf den schnellen Haye einzustellen. Und Haye, der vor dem Fight Walujew als „stinkenden Freak“ und „hässlichsten Menschen der Welt“ verunglimpft hatte, boxte zwar klug, aber furchteinflößend war er sicher nicht.

„Haye hat nicht einmal nachgesetzt, der hatte doch die Hosen voll“, meinte Weltmeister-Trainer Ulli Wegner, der Ausnahmeboxer Arthur Abraham betreut, „wenn das alles ist, was Haye zu bieten hat, dann hat er weder gegen Vitali noch gegen Wladimir Klitschko eine Chance.“

Abraham selber meinte: „Das Urteil ist in Ordnung, ich habe es genauso gesehen.“ Walujews Coach Alexander Zimin sagte: „Ich weiß nicht, was ich von diesem Fight halten soll. Haye ist ein ausgezeichneter Läufer, und Niko hat nichts von dem ungesetzt, was wir einstudiert haben.“

Sichtlich erschüttert von Walujews Vorstellung war sein Promoter Wilfried Sauerland. „Nikolai hat nahtlos an seine schwache Leistung vor einem Jahr gegen Evander Holyfield angeknüpft. Haye hat gewonnen, aber ich muss sagen, dieser Kampf hat keinen Sieger verdient. Haye ist doch auch nur 2:50 Minuten pro Runde gelaufen und hat dann in den letzten zehn Sekunden zwei Mal zugeschlagen.“

Hinter den Kulissen krachte es gewaltig zwischen Sauerland und Don King, Walujews Co-Promoter ist. „Walujew hat viele Fehler gemacht, aber der einzige echte Fehler war, dass dieser Kampf jemals zustande kam. Es war ja eine freiwillige Titelverteidigung, und jeder, der etwas Ahnung vom Boxen hatte, wusste vorher, dass Haye der denkbar schlechteste Gegner für Nikolai ist“, sagte King, „aber man wollte ja nicht auf mich hören. Das wird sich hoffentlich wieder ändern. Ich habe sie den Preis dafür bezahlen lassen, dass man nicht auf mich gehört hat. Deswegen ist der Titel weg. Ich bin nicht seit über 40 Jahren die Nummer 1 im Boxen, weil ich keine Ahnung habe.“

Matthias Kerber

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