"Manchmal braucht jeder einen Tritt in den Hintern"

AZ: Herr Bryant, heute Abend (20 Uhr) trifft der FC Bayern Basketball im Eurocup auf Ulm. Es kommt zum nächsten Wiedersehen mit Ihrem Ex-Verein.
JOHN BRYANT: Ich kenne alle Coaches und die Leute dort. Es ist schon noch ein besonderes Spiel für mich, auch wenn es im dritten Jahr nach meinem Abschied etwas normaler wird.
Wie eng ist der Kontakt noch mit Ulms Point Guard Per Günther?
Ich werde ihn im Juli bei seiner Hochzeit besuchen. Wenn er nach München kommt, sprechen wir immer ein bisschen. Heute Abend werden wir uns wieder ein bisschen unterhalten, aber nur vor dem Spiel.
Während der Partie gilt es dann, Günther, den MVP des Allstar-Games, zu stoppen.
Per ist die Schlüsselaufgabe in unserer Defensive. Er ist der Anführer des Teams und ihre Motivation. Wir müssen ihn so kontrollieren, wie wir es im ersten Spiel getan haben.
Fühlen sich die insgesamt vier Duelle gegen Ulm ein bisschen nach Playoffs an?
Eine Vier-Spiele-Serie gegen so eine Mannschaft hat definitiv eine Playoff-Atmosphäre. Es ist großartig, das jetzt schon zu fühlen. Aber auch ein bisschen komisch. Wir sind es ja nicht gewohnt, während der Saison gleich vier Mal gegen ein Team zu spielen. Du lernst das Team kennen, weißt, was sie gut machen, welche Defense sie spielen.
In Ihrer Zeit in Ulm wurden Sie zwei Mal zum MVP der Liga gewählt.
Das sind definitiv gute Erinnerungen für mich, so gut zu spielen und so viel Spaß mit dem Team zu haben. Ulm wird immer in meinem Kopf und meinem Herzen bleiben.
Wollen Sie als Bayern-Spieler wieder Liga-MVP werden?
Mein Hauptziel ist der Meistertitel, diese Trophäe möchte ich zurück nach München bringen. Wenn ich dabei wieder MVP werden sollte, wäre ich glücklich, aber es ist kein persönliches Ziel von mir.
Und es in die NBA zu schaffen?
Das ist immer ein Ziel, für jeden. Aber es ist nichts, worüber ich mir jeden Tag Gedanken mache. Wenn es passieren würde, wäre es großartig, es ist aber auch nichts, das ich auf Biegen und Brechen erreichen muss.
Gibt es einen Spieler, zu dem Sie aufschauen?
Als ich noch jünger war, habe ich Shaq (Shaquille O’Neal, d. Red.) sehr gemocht. Er war mein Lieblingsspieler.
In der Euroleague sind Sie mit dem FC Bayern an Grenzen gestoßen. Was fehlt, um ein europäisches Topteam zu sein?
Konstanz! Wir haben einige gute Spiele, aber auch ein paar schlechte abgeliefert. Wir wissen, dass wir großartigen Basketball spielen können. Es geht darum, das Toplevel über die gesamte Saison zu halten. Wenn wir das schaffen, haben wir eine gute Chance, ein europäisches Topteam zu werden.
Sie persönlich haben sich zuletzt deutlich gesteigert, scheinen auch körperlich wieder besser drauf zu sein.
Jeder hier in meinem Team weiß, dass ich auf Toplevel spielen kann. In besserer physischer Verfassung und Form zu sein, ist ein wichtiger Faktor dabei. Da geht es um Training und auch um Spielrhythmus. Das wird gerade besser und besser bei mir.
Haben Sie etwas verändert?
Das Training ist ohnehin sehr fordernd. Um wirklich besser in Form zu kommen, braucht es aber eben noch ein bisschen Extra-Energie und Extra-Anstrengung. Beim Krafttraining versuche ich zum Beispiel noch ein paar Gewichte zusätzlich zu stemmen.
Trainer Svetislav Pesic hat Ihren körperlichen Zustand zuletzt ausdrücklich gelobt. Im November hatte er Sie noch heftig kritisiert: „John Bryant hat mehr geweint als gespielt.“
(lacht) Er versucht uns einfach nur zu motivieren. Mit seinem Coaching hat er mir geholfen, mein Spiel zu verbessern. Er möchte auf unterschiedliche Art und Weise motivieren. Das ist Coach Pesic.
Brauchen Sie etwa manchmal eine Extra-Motivation?
Grundsätzlich kommt meine Motivation von mir selber. Ich möchte der beste Spieler sein und dem Team um jeden Preis helfen zu gewinnen. Manchmal braucht aber jeder Spieler eine kleine Extramotivation. Diesen kleinen Tritt in den Hintern eben, dass man auch mal etwas verändern und sein Spiel verbessern muss.