Magdalena Neuner: Eine wie der Franz
Noch sorgt Magdalena Neuner für Quotenrekorde bei der Biathlon-WM. Doch auch nach der Karriere wird die Wallgauerin nichts von ihrer Strahlkraft verlieren – glauben Experten und Sponsoren
RUHPOLDING Wenn Magdalena Neuner im Ziel ist, geht die Rennerei erst richtig los. Kaum dass sie aus dem anaeroben Bereich wieder raus ist, läuft das Apres-Programm an: Posieren für die Fotografen, den Fans zujubeln, im Geschwindschritt zum Aufwärmraum, Interviews, zurück zur Siegerehrung, nochmal Fotos, nochmal Jubeln, Blumenstrauß in die Menge, ab zur Pressekonferenz. Nur ein Mal unterbricht sie die wilde Jagd für Sekunden: für einen älteren Herrn mit weißem Haar und sehr großer, sehr schwarzer Brille: Werner Brombach, Chef von Neuners Sponsor „Erdinger Weißbräu”. Für den nimmt sich Magdalena Neuner Zeit. Auch in Zukunft.
In knapp zwei Wochen wird es den Biathlon-Star Magdalena Neuner nicht mehr geben, sondern nur noch die private Lena. Das Wehklagen über diesen Rückzug im zarten Sportler-Alter von nur 25 Jahren tönt nun schon seit Monaten durch die Sportrepublik, begleitet von der Frage: „Wie soll das bloß werden, so ganz ohne sie?' Was genau die Wallgauerin mit ihrem künftigen Leben anstellt, davon darf man sich überraschen lassen. Fest steht aber auch: Sie wird nicht komplett von der Bildfläche verschwinden. Erdinger-Chef Werner Brombach sagt: „Wir haben schon Gespräche anberaumt, dass wir mindestens die nächsten zwei Jahre mit ihr in Werbeauftritten zusammen arbeiten. Franz Beckenbauer ist seit zehn Jahren bei uns – der spielt auch schon länger nicht mehr. Aber er ist immer noch beliebt."
Der 72-jährige Brombach, der seiner Lieblingsathletin auch zu Wettkämpfen ins ferne Sibirien folgt und sie nach dem Olympiasieg von Vancouver am Erdinger Flughafen wie ein frisch Verliebter mit einem Blumenstrauß empfing, kann sich glücklich schätzen, dass Neuner seit vielen Jahren schon zum „Team Erdinger Alkoholfrei” gehört. Marketing-Experte Peter Ehm sagt über Neuner: „Sie ist ein Sonderfall, eine Sympathiefigur, eine Ausnahmeerscheinung – und das bleibt sie, auch wenn sie jetzt aufhört. Ihre Interviews, ihr ganzes Verhalten prädestiniert sie zu einer Ikone, von der sich die Marken gerne etwas abkaufen. Sie kann von der Substanz her Großes erreichen. Es ist ein König-Midas-Effekt: Alles, was sie anfasst, wird zu Gold."
Mit bis zu sieben Millionen Zuschauern in der Spitze hat Neuner den Fernsehsendern beim Verfolgungsrennen am Sonntag einen Rekord für Biathlon-Übertragungen außerhalb der Olympischen Spiele beschert.
Kein Wunder, dass sich alle um Neuner reißen. DSV-Präsident Alfons Hörmann meinte, sie könne sich jederzeit jeden Posten im Deutschen Skiverband aussuchen; Uli Hoeneß hat ihr längst einen Job beim FC Bayern angeboten, und ihr Ski-Ausrüster Fischer würde sie liebend gern ins Marketing lotsen, worauf Neuner lächelnd meinte: „Das würde besser passen als der FC Bayern. Ich bin kein Fußball-Fan.”
Und sie ist auch keine, die mit aller Gewalt lukrativen Sponsorenverträgen hinterher läuft. Marketing-Experte Ehm sagt: „Sie bleibt in ihren Strukturen. Sie hat eine große positive Kraft, die sehr spielerisch rüberkommt – und ist damit ein positives Gegenbeispiel in unserer Ellbogengesellschaft: lächelnd zu Siegen und lächelnd zu Niederlagen, ohne Verbitterung." Ehm kann sie sich gut als TV-Moderatorin vorstellen: „Sie könnte so etwas wie eine Siegesexpertin werden. Mit ihrer positiven Kraft lässt sich viel bewirken."
Davon ist auch Werner Brombach überzeugt. Er schwärmt: „Sie ist auch eine hervorragende Sprecherin: Deutsch, bayerischen Dialekt und Englisch! Aber vor allem bewundere ich sie, weil sie eine außergewöhnliche Sportlerin und ein außergewöhnlicher Mensch ist."