Luan Krasniqi : „Ich habe Klitschkos Gegner erst zum Star gemacht“
Luan Krasniqi möchte über seine Blamage gegen Tony Thompson am liebsten nicht mehr reden. Für die AZ macht er eine Ausnahme. Es gibt ja Gründe.
AZ: Herr Krasniqi, am Samstag wird Weltmeister Wladimir Klitschko seine Titel gegen Tony Thompson verteidigen. Jenen Thompson, der Sie im Jahre 2007 im Fight um die Position des Pflichtherausforderers für Klitschko windelweich geprügelt hat.
LUAN KRASNIQI: Oh, Gott, bitte erinnern Sie mich nicht daran. Dieser Tag war ein pechschwarzer Tag, der schwärzeste meiner Karriere. Ich habe mir bis heute den Kampf noch nicht auf Video angesehen. Ich hoffe, dass ich das irgendwann mal kann, aber bisher schäme ich mich zu sehr für das, was da zu sehen ist.
Zu sehen ist ein Luan Krasniqi, der sich nicht mal wehrt, wenn Thompson auf ihn einschlägt, ein Krasniqi, der vom Ringrichter aufgefordert wird, sich endlich zu verteidigen, sonst würde er abbrechen. Das tut er dann auch.
Ich kann mir immer noch nicht erklären, was los war. Ich war wehrlos, bin wie ein Betrunkener rumgetorkelt. Das war so grottenschlecht. Das war nichts. Nichts, nichts, nichts! Was ich da abgeliefert habe, hat ja noch nicht mal den Ausdruck Kampf verdient.
Welche Chance geben Sie Thompson gegen Klitschko?
Keine. Man darf den Kampf gegen mich nicht als Maßstab für Thompsons Können nehmen. Das war kein Kampf, das war eine Farce, eine Schande. Ich habe durch meine Nichtleistung Klitschkos Gegner erst zum Star gemacht. Thompson ist groß, aber ich kann mir eigentlich nicht vorstellen, wie er Wladimir in Bedrängnis bringen könnte, wie er Klitschko besiegen sollte. Die Fähigkeiten, die er hat, die machen Klitschko keine Angst. Und von den Fähigkeiten, die Klitschko Probleme bereiten, besitzt er keine.
Können Sie das erläutern?
Wladimir ist im Moment ohne jeden Zweifel der beste Schwergewichtler der Welt. Und zwar mit Abstand. Probleme hat Klitschko nur mit schnellen, schlagstarken Gegnern. Das ist Thompson nicht. Er ist sehr langsam.
Er gilt auch nicht als schlagstark. Wie sehr schmerzten denn seine Schläge?
Ich war fünf Runden lang ein hilfloser Mann, und trotzdem hat Thompson es nicht geschafft, mich richtig auszuknocken. Daraus dürfen Sie sicher schließen, dass seine Schlagkraft nicht überragend ist. Wäre ich an diesem Abend mit einem der Großen, etwa Wladimir oder Mike Tyson, im Ring gestanden: Die hätten mich in Sekunden umgehauen. Ich will Thompson nicht schlecht reden, aber er ist nicht sehr schlagstark, und ich sehe nicht, wie er Wladimir bezwingen kann.
Wie geht es bei Ihnen weiter? Sie haben sich ja entschieden, die Karriere trotz dieser Demontage fortzuführen.
Ich muss! So kann ich nicht abtreten. Ich habe hoffentlich noch viele Jahre zu leben, ich will diesen Moment nicht als letzte Erinnerung an mein Boxerleben in mein normales Leben danach mittragen. Ich muss das für mich selber gerade rücken, alles andere wäre eine Katastrophe. Das habe ich nicht verdient, das hat kein Sportler verdient, der sich traut, einem Gegner und den Ängsten zu stellen. Ich werde wieder boxen.
Interview: Matthias Kerber
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