Lindsey Vonn: Speed-Junkie auf Goldjagd
VAL D'ISERE - Die Amerikanerin hat die Konkurrenz gleich beim ersten WM-Rennen geschockt und Gold gewonnen im Super-G. Ihre Drohungen an die Rivalinnen, warum sie nicht selbst Auto fährt - und warum sie sich über eine Kuh freut.
Ihr Triumph im Super-G war noch keine Stunde alt, da kündigte Lindsey Vonn bereits weitere Großtaten für die 40. alpinen Ski-Weltmeisterschaften in Val d'Isere an. „Dieser Sieg ist richtungweisend für den Rest der WM“, sagte die Amerikanerin – und das war durchaus als Drohung zu verstehen. Die 24-Jährige gilt nicht erst seit ihrem Erfolg im ersten Rennen der Titelkämpfe am Dienstag als heiße Anwärterin auf gleich vier Goldmedaillen.
„Sie ist in einer brutal guten Form“, sagt Maria Riesch beinahe ehrfürchtig. Die siebenmalige Weltmeisterin Anja Pärson, nicht eben bekannt für Lobeshymnen auf die Konkurrentinnen, findet Lindsey Vonn „einfach nur beeindruckend“. In der Super-Kombination am Freitag ist Vonn ebenso Top-Favoritin wie in der Abfahrt am Sonntag. Läuft alles nach Plan, enden die Vonn-Festspiele mit Slalom-Gold am 14. Februar.
Zwei Torläufe hat Vonn in diesem Winter schon gewonnen, Riesch kommt im Slalom auf vier Siege. Die Partenkirchnerin hat allerdings gehörigen Respekt vor ihrer Freundin. „Sie ist gnadenlos“, sagt die beste deutsche Rennläuferin über ihre Rivalin, `sie fährt extrem am Limit, dabei aber unglaublich sauber und technisch perfekt. Wenn ich denke, das Tor muss ich anrutschen, fährt sie brutal drum herum.
Vonn führt diese Kaltschnäuzigkeit auf ihre Herkunft zurück. „Wir Amerikaner sind Draufgänger, fahren immer mit Risiko und kennen keine Angst. So ist unsere Mentalität“, sagt sie. Als „Speed-Junkie“ bezeichnet sie sich selbst – auch abseits der Piste. Daher lässt sie sich von ihrem Mann Thomas, einem ehemaligen Ski-Profi, von Rennen zu Rennen kutschieren: „Ich würde zu viele Bußgelder erhalten.“
Schnell war Vonn auch schon mit dem Mädchennamen Kildow. Doch als junge Athletin hatte sie schnell den zweifelhaften Ruf einer Bruchpilotin weg. Das änderte sich spätestens mit ihrer Heirat im Dezember 2007. „Thomas ist der Hauptgrund, warum ich so erfolgreich bin. Wir planen und organisieren alles zusammen“, sagt sie. Thomas Vonn vernachlässigt für sie sogar seinen Job als Investment-Banker.
Der zweite wichtige Mann im Leben der Lindsey Vonn ist Robert Trenkwalder, seit der Saison 2006/07 ihr Trainer. „Seit ich mit ihm arbeite, habe ich große Fortschritte gemacht“, sagt sie. Der Tiroler hat vor allem an Vonns Vorbereitung gefeilt. „Früher hatte sie Ende Januar immer einen Durchhänger. Das ist jetzt vorbei“, meint er.
Unter Trenkwalders Regie ist Lindsey Vonn zu 14 Weltcup-Siegen gefahren, mit ihrem insgesamt 18. Erfolg stellte sie am vergangenen Wochenende in Garmisch-Partenkirchen den US-Rekord der legendären Tamara McKinney ein. Dabei kommt sie aus dem Bundesstaat Minnesota, ein Eldorado für Eisfischer und Eishockeyspieler – aber nicht für Skirennläufer. Als Vonn elf Jahre alt war, hat ihre Familie deshalb ihr Haus verkauft und ist nach Vail/Colorado gezogen. „Sie haben für mich viel aufgegeben. Von da an wusste ich: Ich muss es schaffen.“
Das tat sie – und Vonn ist noch lange nicht am Ende. Für Maria Riesch steht längst fest, dass sie wie im Vorjahr den Gesamtweltcup gewinnen wird und weitere WM-Medaillen nach zweimal Silber 2007 und einmal Gold in Frankreich. „Sie ist einfach die Beste“, sagt Riesch. Und Vonn hat noch eine Drohung für die Konkurrenz parat: „Ich werde sicher bis zu den Olympischen Winterspielen 2014 weiterfahren.“
Für ihr erstes WM-Gold in Val d'Isère bekam Lindsey aber keine "Extra-Gage" wie für ihren Weltcup-Sieg im Jahr 2005 am selben Ort. Damals bekam das US-Girl eine Kuh geschenkt. Das Tier, das vor einiger Zeit ein Kalb zur Welt brachte, steht auf einer Wiese im österreichischen Tirol. „Ich hätte auch einen Scheck nehmen können“, sagte Vonn, „aber ich nahm lieber die Kuh. Das erwies sich als gute Investition. Die Kuh hat inzwischen gekalbt, der Euro ist dagegen gesunken...“