Lewis Flattermann

Hamiltons schädlicher Ehrgeiz könnte ihn erneut den WM-Titel kosten. In Fuji leistet er sich Patzer. Seine Chefs sind machtlos, er selbst ist bockig.
FUJI Nicht mal der Papa konnte mehr trösten. Anthony Hamilton war ja genauso am Boden zerstört. Und so schlichen Lewis Hamilton und sein Vater schweigend und völlig bedient zurück an die McLaren-Mercedes-Box.
Als Zwölfter war Lewis Hamilton auf dem Fuji Speedway in Japan über die Ziellinie gefahren. Anstatt sein Punktepolster vor dem vorletzten Rennen der Saison nächsten Sonntag in Shanghai weiter auszubauen und seinen ärgsten Widersacher Felipe Massa auf Distanz zu halten, war er im Silberpfeil jenseits der Punkteränge gelandet. Und dieses Debakel hatte er sich auch noch selbst eingebrockt.
„Die WM-Führenden haben heute beide Nerven gezeigt“, urteilte Hamiltons Chef, Mercedes-Motorsportchef Norbert Haug, hinterher. Deutlicher wurde RTL-Experte Niki Lauda: „Das war blödsinnig. Ich hatte gedacht, dass Lewis intelligenter geworden wäre. Aber jetzt bin ich sehr enttäuscht.“ Lauda meinte: Intelligenter als letztes Jahr. Da war Hamilton mit 17 WM-Punkten Vorsprung nach Shanghai geflogen und hatte in den letzten beiden Rennen den Vorsprung noch vergeben. Kimi Räikkönen (Ferrari) wurde Weltmeister. Hamilton war Lewis Flattermann. So wie gestern eben. Jetzt aber hat er zwei Rennen vor Schluss nur fünf Punkte Vorsprung.
Dass Fernando Alonso im unterlegenen Renault in Fuji schon seinen zweiten Sieg hintereinander feierte, interessierte gestern kaum jemanden angesichts der Fehler des englischen Nerverls.
Der alles entscheidende Patzer unterlief Hamilton gleich in der ersten Kurve. Von Platz eins gestartet, wurde er von Räikkönen überholt; WM-Rivale Massa dagegen war weit hinter ihm. Hamilton hätte also als Zweiter durch die Kurve brausen können, vermutlich hätte er den Abstand weiter ausgebaut. Aber er wollte unbedingt vorn bleiben, und so presste er sich rücksichtslos und viel zu schnell an Räikkönen vorbei, verpasste die Kurve, verbremste sich, rutschte nach außen, verursachte einen Crash zwischen David Coulthard und Kazuki Nakajima – und war plötzlich hinter Massa.
Dort hielt es ihn nur eine Runde, ehe er die nächste (zu) ungestüme Attacke startete: auf Massa. Wieder war er eigentlich zu schnell. Massa hielt dagegen und rammte den Rivalen. Hamilton drehte sich – und war nun sogar Letzter. Dass Massa für den Rempler eine Durchfahrtsstrafe bekam, nutzte Hamilton nichts mehr. Zumal er für sein Startmanöver noch mit der gleichen Strafe belegt wurde.
„Ich habe einen Fehler gemacht, das tut mir leid für das Team“, meinte Hamilton hinterher. Viel gelernt scheint er aber nicht zu haben aus der Situation. „Ich werde in China genauso fahren und genauso sein wie an diesem Wochenende. Mein Ziel wird es sein, um den ersten Platz zu kämpfen“, sagte er schmollend.
Seinen Chefs wird das kaum gefallen. Aber sie geben sich machtlos. „Wir haben mit ihm darüber gesprochen, vorsichtig zu sein, aber das darf man sich nicht wie bei einem Schulkind vorstellen, dem man sagt, was es zu tun hat“, sagte Haug, „wir geben Ratschläge, aber er möchte selbst Weltmeister werden und muss selbst Entscheidungen fällen."
Das ist freilich schon vor einem Jahr schief gegangen.
fil