Letzter Feinschliff in Ascona

Jetzt wird es ernst: Nach einem letzten Kurzurlaub zählt für die deutschen Kicker nur noch die Vorbereitung auf das Auftaktmatch gegen Polen am Sonntag. «Wir werden noch einiges tun», kündigte Chefcoach Jogi Löw an.
von  Abendzeitung
Bereit zu großen Taten: Das Trainerteam des DFB
Bereit zu großen Taten: Das Trainerteam des DFB © AP

Jetzt wird es ernst: Nach einem letzten Kurzurlaub zählt für die deutschen Kicker nur noch die Vorbereitung auf das Auftaktmatch gegen Polen am Sonntag. «Wir werden noch einiges tun», kündigte Chefcoach Jogi Löw an.

Noch einmal hatte Joachim Löw Zeit, sich mit Videostudien und Gedankenspielen zu beschäftigen, ab Dienstag geht es endgültig in die heiße Phase der Vorbereitung. Gleich nach dem zweitägigen Kurzurlaub seiner 23 Schützlinge und der Anreise ins Luxus-Quartier am Lago Maggiore im Tessin hat der Bundestrainer das erste Training angesetzt und startet damit den 100-Stunden-Countdown bis zum Auftaktspiel am Sonntag (20.45 Uhr) in Klagenfurt. «Die Anspannung wird von Tag zu Tag steigen. Das brauchen wir, um Höchstleistungen zu bringen», sagte Löw am Montag der dpa.

«Wir werden noch einiges tun. In allen Mannschaftsteilen fehlt es noch an der Feinabstimmung. Auch Standards stehen auf dem Programm», berichtete Löw, der in den intensiven Übungseinheiten auch noch einen heißen Kampf um die letzten offenen Positionen in der Startelf sehen möchte: «Die frischen Trainings-Eindrücke sind sehr wichtig für die Aufstellung. Ich habe da noch zwei, drei Möglichkeiten.» Der Bundestrainer bestätigte, dass gerade die couragierten Auftritte von Lukas Podolski seine Überlegungen zur Startelf noch einmal neu angeregt haben. «Die Option haben wir ja schon lange.»

Podolski im Blickpunkt

Alle Maßnahmen sind ausgerichtet auf das Polen-Spiel, das zur Nagelprobe wird. «Da muss das richtige Zeichen kommen», betonte der mit Macht in die Startelf drängende Podolski: «Unser Ziel ist es, Europameister zu werden.» Die Fans haben überall in Deutschland an den Autos schon wieder die schwarz-rot-goldenen Fähnchen geflaggt, die Erwartungshaltung ist riesig. Präsident Theo Zwanziger, der die DFB-Delegation anführt, die am Dienstag um 11.05 Uhr mit einer Lufthansa-Sondermaschine von Frankfurt nach Lugano abheben soll, warnte allerdings vor einem bösen Erwachen. «Das erste Spiel ist eine Standortbestimmung: Wenn du das vergeigst, wird es sehr schwer weiterzukommen.» Oliver Neuville ist schon in seiner alten Heimat, auch die anderen 22 Spieler sind fit für den letzten Schliff.

Perfekte Bedingungen

Auch im Tessin ist vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) alles getan worden, um die Basis für den großen Wurf zu schaffen. Im schon abgesperrten Fünf-Sterne-Hotel «Giardino» in Ascona ist die rund 60- köpfige DFB-Gruppe in 54 Doppelzimmern zur Einzelnutzung, 16 Suiten und zwei Juniorsuiten ganz unter sich. Und im elf Kilometer entfernten Trainingszentrum in Tenero fehlt es ebenfalls an nichts. «Wir werden optimale Bedingungen vorfinden und den Spielern auch viele Freiräume verschaffen. Wir haben in Ascona ein ruhiges Ambiente und in Tenero ein hervorragendes Trainingszentrum», schwärmte Teammanager Oliver Bierhoff, der sich heftig gegen Vorwürfe wehrte, es würden «Unsummen» für die Nationalmannschaft ausgegeben.

Zwanziger rechnet mit schwarzen Zahlen

Auch Zwanziger rechtfertigte den bis zu 20 Millionen Euro hohen EM-Etat. Der DFB-Chef rechnet unter dem Strich mit schwarzen Zahlen: «Es wird, gleich wie wir abschneiden, ein Betrag von einer bis drei Millionen Euro übrig bleiben.» Mit Lounge, Freiluft-Physio-Bereich, Schlaf-Matratzen mit Fernbedienung und dem teameigenen Sternekoch Holger Stromberg ist das Luxus-Hotel «Giardino» sogar noch vom Verband im Komfort aufgestockt worden. «Wir freuen uns auf die deutsche Mannschaft», erklärte Hoteldirektor Philippe Frutiger. Im nationalen Jugend-Sportzentrum der Schweiz stehen dem Team gleich drei der sechs maßgerechten Fußballplätze exklusiv zur Verfügung. 2,5 Meter hohe Sichtblenden ermöglichen das beliebte Geheimtraining. Öffentliche Übungseinheiten sind - wie schon auf Mallorca - nicht geplant. «Ich habe schon viele Trainingsanlagen in der Welt gesehen, aber so perfekte Bedingungen sind mir noch nicht untergekommen», schwärmte DFB-Generalsekretär Wolfgang Niersbach über das direkt am See gelegene Areal in Tenero.

Schneiders Ausfall schmerzt

Die Rahmenbedingungen sind geschaffen, nun muss Löw schleunigst die Baustellen in der Mannschaft beseitigen. Der Trainer will die «richtigen Schlüsse» aus der Video-Analyse der Generalprobe gegen Serbien (2:1) ziehen - eine personelle Veränderung im Abwehrzentrum gehört nicht dazu. Obwohl Christoph Metzelder beim letzten Test keine EM-Form nachweisen konnte, bescheinigte der Bundestrainer seinem Abwehrchef am Montag im «kicker» nach nochmaligem Studium der 90 Minuten sogar Fortschritte: «Dieses Spiel hat ihn nach vorn gebracht.» Als Problemzone Nummer 1 betrachtet die sportliche Leitung die rechte Außenbahn. Der Ausfall des verletzten Bernd Schneider wird als «gravierend» bewertet. Clemens Fritz, Bastian Schweinsteiger und David Odonkor könnten den Routinier «nicht eins zu eins ersetzen», bemerkte Löw. Und Tim Borowski, womöglich eine Notlösung rechts, hat nach seinem grippalen Infekt körperlich Nachholbedarf und war bislang vor allem als möglicher Ersatzmann für Michael Ballack vorgesehen, falls der einmal ausfällt. Der schon gegen Serbien in EM-Form agierende Kapitän stellte für den Vorbereitungs-Endspurt eine klare Forderung: «Der eine oder andere muss noch einen Zahn zulegen.» (dpa/nz)

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