Letzte Chance: Friesingers olympischer Showdown

Richmond (dpa) - Das deprimierende Stolper-Rennen will sie aus dem Kopf bekommen, doch langsam macht sich bei Anni Friesinger-Postma Torschluss-Panik breit. «Ich werde 105 Prozent geben und mit aller Kraft um die Medaille kämpfen», kündigt die Eis-Königin an.
von  Abendzeitung
Anni Friesinger-Postma wirft den Blick nach vorn.
Anni Friesinger-Postma wirft den Blick nach vorn. © dpa

Richmond (dpa) - Das deprimierende Stolper-Rennen will sie aus dem Kopf bekommen, doch langsam macht sich bei Anni Friesinger-Postma Torschluss-Panik breit. «Ich werde 105 Prozent geben und mit aller Kraft um die Medaille kämpfen», kündigt die Eis-Königin an.

Vor dem olympischen Showdown über 1500 Meter spricht sie sich selbst Mut zu. «Es ist doch meine letzte Chance in einem olympischen Einzelrennen». Nach ihrem Debakel mit Platz 14 über 1000 Meter brauchte sie einige Stunden, um den Frust bei einem Spaziergang durch Downtown sacken zu lassen.

Friesinger wäre aber nicht Friesinger, würde sie nach der größten Enttäuschung ihrer 15-jährigen Laufbahn den Kopf in den Sand stecken. «Wenn ich nicht die Chance auf die Medaille hätte, würde ich nicht an den Start gehen.» Auf der Mittelstrecke macht die 16-malige Weltmeisterin am Sonntag ihr Dutzend an Olympia- Rennen voll und brennt darauf, die fünfte Medaille mit nach Hause zu bringen. Bisher stehen für sie je zwei Gold- und Bronze-Plaketten in den olympischen Annalen. Von ihren bisherigen drei Winterspielen kehrte sie immer geschmückt von Olympia heim.

Hingegen verbreitet «Pechmarie» Daniela Anschütz-Thoms nach ihrem ernüchternden vierten Platz beim 3000-Meter-Auftakt nicht die ganz große Zuversicht. Vor vier Jahren noch mit Friesinger und der inzwischen gesperrten Claudia Pechstein umjubelte Team- Olympiasiegerin, ersehnt die Thüringerin nach wie vor ihre erste Einzelmedaille. Da sie sich wegen eines konzentrierten Langstrecken- Trainings über 5000 Meter größere Chancen ausrechnet, glaubt sie in ihrem insgesamt achten Olympia-Rennen nicht so recht an einen Platz auf dem Treppchen. «Meine erste Runde ist zu langsam», räumte sie ein und flüchtet sich in Galgenhumor. «Letztes Jahr bei der WM bin ich drei Hundertstel an Bronze vorbeigelaufen. Vielleicht schaffe ich diesmal ja eine Hundertstel.» Und sie setzt noch einen drauf: «Ich habe meine vierten Plätze schon immer knapp gewonnen.»

Unglaubliche 15 vierte und fünfte Ränge hat die 35-Jährige bei Welt- und Europameisterschaften angesammelt, in Weltcup-Rennen waren es sogar 22. In Richmond fehlten ihr nun wieder 2/100 Sekunden zum Podest, während ihre Trainingsgefährtin Stephanie Beckert als Zweite den Ruhm einheimste. «Ich muss das abhaken, vergessen kann ich das nie. Aber das Leben muss weiter gehen», meint «Schützi», die sich zum Abschied von Olympia die Fingernägel schwarz-rot-gold lackiert hat. Anni Friesinger hat die Erfurterin ganz oben auf ihrer Hitliste der Medaillen-Kandidaten.

Auf die Unterstützung ihrer Ehemänner müssen die «Golden Girls» von Turin diesmal verzichten. Friesingers Gatte Ids Postma, auf dessen Kurz-Trip das deutsche Glamour Girl innigst gehofft hatte, sagte wegen der Erkrankung seines Vaters ab. Anschütz-Thoms' Liebster Marian Thoms ist wegen der Vorbereitungen auf den Erfurter Sprint- Weltcup Anfang März unabkömmlich.

Wie auch Friesinger will die Thüringerin einen erneuten Vier- Jahres-Zyklus bis Sotschi 2014 nicht mehr in Angriff nehmen. «Wie es weitergeht, wird im April, Mai entschieden.» Ihre Gold-Gefährtin aus Bayern hat indes bereits die WM 2011 in ihrer Inzeller Heimat als Endstation verkündet. In Richmond eint beide der Wunsch, ihre olympische Karriere mit Edelmetall im Teamlauf ausklingen lassen.

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