Let’s get Lauth

Benny Lauth, einstiger Nationalspieler und Löwen-Liebling. Der "verlorene Sohn" ist zurück. Vor seinem Heimdebüt spricht er mit AZ-Reporter Oliver Griss über Tore, Songs – und wie es wäre, am Saisonende aufzusteigen.
AZ: 2003 waren Sie zuletzt als Löwen-Profi für ein Foto-Shooting in der Allianz Arena. Im Rohbau. Zu Ihrer Punktspiel-Premiere auf dem Rasen kommt es aber erst an diesem Sonntag um 14 Uhr gegen Mainz 05. Sind Sie schon nervös, Herr Lauth?
BENNY LAUTH: Ich Freude mich riesig. Ich war vor fünf Jahren mit Andy Görlitz und Daniel Baier hier, als hier mit Baggern und Kränen gearbeitet wurde. Jetzt sieht man die ganze Pracht der Allianz Arena. Ich kann den Sonntag kaum erwarten. Vor allem, wenn ich die Löwen-Fans im Rücken spüre. Es ist ein Comeback mit Verspätung.
Was machen Sie, wenn Ihnen in Ihrem neuen Wohnzimmer gleich ein Tor gelingt?
Das wäre wunderbar. Ich kann mich noch gut erinnern, dass ich im Olympiastadion vor den eigenen Fans viele Tore gemacht habe. Der entscheidende Vorteil ist jetzt, dass ich es zu unseren Fans nicht mehr so weit habe. Der Weg ist kürzer. Der Moment wird sehr intensiv sein, mit den Fans zu feiern. Ein Tor in der Arena zu schießen ist ein Highlight. Ich versuche, das so schnell wie möglich hinzukriegen.
Früher spielte 1860-Stadionsprecher Stefan Schneider für Sie als Torhymne immer „Let's get loud“ von Jennifer Lopez. Haben Sie nun einen besonderen Musikwunsch?
Darüber mache ich mir keine Gedanken, aber ich hätte nichts dagegen, wenn „Let's get Lauth“ wieder gespielt wird. Das Lied muss schön sein, aber es muss nichts mit mir zu tun haben.
Es gibt Profis, die funktionieren nur bei einem bestimmten Verein: Gehören Sie zu diesem Typus?
Solche Spieler gibt es, aber das trifft nicht vollkommen auf mich zu. Ich habe mich auch in Hamburg oder Stuttgart sehr wohl gefühlt, hatte kein Heimweh. Bei 1860 habe ich aber den Vorteil, dass ich alles kenne und mich nicht eingewöhnen muss. Aber es ist schon richtig, wenn ich mich wohl fühle, und das trifft auf 1860 zu, funktioniere ich auch auf dem Platz.
Dabei gibt es ein altes Sprichwort, das heißt: Wärme niemals eine alte Liebe auf...
Ich bin ja damals nicht weggegangen, weil ich weg wollte, ich habe 1860 auch nicht im Streit verlassen. Mir blieb nach dem Abstieg 2004 keine andere Wahl. Der Verein benötigte meine Ablösesumme, um die Lizenz zu sichern. Ich wäre nie weggegangen, wenn wir nicht abgestiegen wären.
Was gab Ihnen den Kick, zu den Löwen zurückzukehren?
Für mich ist der Reiz groß, mit 1860 aufzusteigen. Ich will nicht wissen, was in der Stadt los ist, wenn wir das schaffen. Das ist für mich mehr wert, als mit einem anderen Verein beispielsweise im Uefa-Cup zu spielen. Aber jetzt müssen wir erst mal gegen Mainz erfolgreich sein.
Der letzte Aufstieg war 1994, das Wunder von Meppen. Erinnern Sie sich daran?
Nur noch vage. Zu dieser Zeit war ich ja oft Balljunge im Grünwalder Stadion. Ich weiß aber natürlich, dass 1860 von der Bayernliga durchmarschiert ist und den Aufstieg in Meppen klar gemacht hat. Pacult, Winkler oder Miller - das sind heute noch Helden. Das nachzumachen, das ist mein Antrieb.
Jetzt sind Sie wieder daheim. Wie fühlt es sich an?
Es hat sich bei 1860 ja nicht viel verändert, der Rummel ist noch genauso groß wie zu Bundesliga-Zeiten. Klar, es sind jetzt andere Namen da, wir spielen eine Klasse tiefer, aber 1860 ist für mich kein normaler Zweitliga-Verein. Die Löwen sind wirklich eine Attraktion. Deswegen fiel es mir nicht schwer, zurückzukehren. Es ist schön wieder hier zu sein, hier habe ich alles, was ich brauche. Meine Familie, meine Freundin, meine Freunde, meinen Verein.
Warum ist für Sie in München der Wohlfühlcharakter höher als anderswo?
In München ist die Lebensqualität wahnsinnig hoch. Die Stadt ist wunderschön, außenrum hat man die Berge, im Winter kann man Skifahren, im Sommer locken die Seen. Und dann sind da noch die vielen Biergärten. Ich bin häufiger in der Waldwirtschaft, Menterschwaige oder im Seehaus. Da kann ich gut abschalten.
Ihre Karriere begann 2002 geradezu kometenhaft: Sie waren Löwen-Held, Torschütze des Jahres, Werbe-Ikone für Nutella und Nationalspieler – auf einer Stufe mit Kevin Kuranyi oder Bastian Schweinsteiger. Nun spielt Lauth in der Zweiten Liga. Sind Sie mit sich selbst zufrieden?
Es war nicht so schlecht, was ich die letzten Jahre gemacht habe. Aber es war nicht das, was die Leute von mir erwartet haben und was ich mir vorgestellt hatte. An diese Messlatte bin ich danach nicht mehr ran gekommen.
An was lag's, dass Sie das Niveau nicht halten konnten?
Als junger Spieler bist du machtlos. Auch für mich war der Druck extrem. Einmal bist du der Größte, dann wieder das ewige Talent. In einer Saison sechs Tore zu erzielen (2005 beim Hamburger SV, d.Red.), das war dann schon zu wenig. Bei anderen wär's gut gewesen, bei Lauth aber nicht. Unterm Strich habe ich es nicht geschafft, die Erwartungen zu erfüllen.
Was denken Sie heute, wenn Sie den Nutella-Spot sehen?
Für mich ist es schön, dass ich der Erste war, der dabei sein durfte. Natürlich habe ich den Spot auch auf einer DVD, aber die liegt daheim in einer Ecke mit meinen Toren, mit den Filmen der Kommunion oder Firmung.
Können Sie das Wörtchen „phlegmatisch" eigentlich noch hören?
Das ist eine Bezeichnung, die auf mich zutrifft. Das Wort hat negative Bedeutungen, aber auch positive Eigenschaften. Ich habe mal in Google gesurft, Phlegma bedeutet auch, dass man unerschütterlich ist. Und ja, das bin ich. Ich sage: Wenn ich bei 1860 gut spiele, dann ist es den Leuten egal, ob ich phlegmatisch bin. Sie wollen Tore von mir.
Eine Zeitung titelte mal „Lauth: Auto wie 007, aber spielt wie 08/15". Haben Sie den Aston Martin V12 noch?
Natürlich. Ich versteh nicht, warum bei Fußballern immer auf das Auto geschaut wird. Da ist sicher ein Neidfaktor dabei. Basketballer, Geschäftsleute - die fahren alle schöne Autos, warum soll ich mir diesen Traum nicht auch erfüllen? Ich habe mir das erarbeitet, ich muss mich dafür nicht verstecken oder rechtfertigen. Ich habe in meiner Karriere auf viel verzichtet, dieses Auto ist eine kleine Entschädigung.
Interview: Oliver Griss