Lanzingers einziges Problem: Die Füße tun ihm weh
Im März verlor Matthias Lanzinger bei einem Sturz ein Bein. In Sölden ist der Österreicher wieder beim Ski-Weltcup dabei.
SÖLDEN Wie es war, beim Riesenslalom vor einem Jahr, das weiß der Matthias Lanzinger noch ganz genau.
Hier, am Gletscher in Sölden, als er mit der hohen Startnummer 37 Zehnter wurde, als zweitbester Österreicher. „Das war a wirklich glücklicher Tag“, sagte Lanzinger jetzt zur AZ, ein wunderbares Rennen und das letzte, bei dem er jemals unter die besten Zehn fuhr. Jetzt – ein Jahr später – ist Lanzinger zurück in Sölden, und es ist das erste Mal, dass er wieder bei einem Ski-Weltcuprennen mit dabei ist. Das erste Mal, seit sie ihm Anfang März den linken Unterschenkel abnahmen.
Beim Super-G in Kvitfjell war Lanzinger damals gestürzt, so folgenschwer, dass er mehrmals um die eigene Achse rotierte und sich sein linkes Bein wie ein Korkenzieher im Skischuh verdrehte. Sechs schrecklich lange Stunden dauerte es bis zur Einlieferung in das Krankenhaus in Oslo. Bei einem schnelleren Abtransport wäre das Bein vielleicht zu retten gewesen, und darum gab es großes Klagen von Experten und Rennläufern. Das Opfer selbst ist hingegen weit weg von Schuldzuweisung, von Selbstmitleid, vom Hadern (München) mit dem Schicksal. „Warum aa. Es hilft ja eh nix mehr.“
Viel lieber spricht Lanzinger vom Leben jetzt. Dass er gut in seine neue Prothese reingewachsen sei und auch in sein neues Leben. Dass er nach der Reha den Tauchschein machte in Ägypten, dass er am Stadtrand von Salzburg an seinem Haus baute und dann auch auf Einladung einer Prothesenfirma zu den Paralympics nach Peking fuhr. Als Zuschauer. Vielleicht fährt er ja einmal als Athlet dorthin. Vancouver 2010.
Genau weiß er das noch nicht. Erst einmal hat der 27-Jährige sein Studium begonnen, Sport- und Eventmanagement in Salzburg, dazu arbeitet er im Marketing seiner Skifirma, und beim österreichischen Fernsehen ORF wird er am Sonntag den Riesenslalom der Männer analysieren.
Am Donnerstag Abend bekam Lanzinger die nach dem Gründer des Ski-Weltcup benannte Serge-Lang-Trophy. Die gibt es für Sportler, die tolle Erfolge feiern, oder eben für Menschen wie Lanzinger, die ihr Schicksal gut meistern.
Den Preis überreichte Robert Seeger, eine Kommentatoren-Legende des ORF. Bei der Laudatio sagte Seeger: „Schön, Matthias, dass Du mit beiden Beinen wieder im Leben stehst“, und als er bemerkte, was er da gesagt hatte, war es ihm fast peinlich.
Aber Lanzinger meinte nur: „Da hast scho recht, Robert“, und später im Gespräch mit der AZ sagte er noch: „Beschwerden habe ich nur noch, wenn ich viel rumstehe oder rumlaufe. Dann tun mir die Füße weh.“ Dann lachte Lanzinger, und er wirkte wie ein äußerst glücklicher Mensch.
Fast noch glücklicher als damals oben auf dem Gletscher, genau vor einem Jahr.
Florian Kinast
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