"Langsamer fahren, das funktioniert nicht"

Was Ex-Motorrad-Star Helmut Bradl, Vater von WM-Favorit Stefan, seinem Sohn nach dem tödlichen Unfall von Kollege Simoncelli rät.
von  Matthias Kerber

Was Ex-Motorrad-Star Helmut Bradl, Vater von WM-Favorit Stefan, seinem Sohn nach dem tödlichen Unfall von Kollege Simoncelli rät

Rom - Um 6.10 Uhr an diesem Dienstagmorgen landete die Boeing der Malaysia Airlines aus Kuala Lumpur kommend am Flughafen Fiumicino in Rom. Mit an Bord war der Leichnam des italienischen Motorrad-Superstars Marco Simoncelli, der beim Grand Prix in Malaysia zu Sturz gekommen und von seinem nachfolgenden engen Freund Valentino Rossi überrollt worden war. Nur kurz nach dem Unfall war der 24-jährige Ex-Weltmeister, der mit der Nummer 58 fuhr, seinen schweren Verletzungen erlegen.

15 Minuten nach der Landung wurde der Sarg Simoncellis aus der Maschine gebracht. Hunderte Flughafenmitarbeiter erwiesen dem verstorbenen Motorrad-Helden die letze Ehre, applaudierten auf dem letzten Weg. Der Sarg wurde mit hunderten Blumen geschmückt. Am Mittwoch soll Simoncelli im städtischen Theater seines Heimatortes Coriano öffentlich aufgebahrt werden, für Donnerstag ist die Beerdigung terminiert.

Ebenfalls an Bord der Maschine waren Simoncellis Verlobte Kate und Vater Paolo, der immer wieder gestützt werden musste und weinend zusammenbrach. Wie schwer dieser Gang für den Vater sein muss, kann der ehemalige Vize-Weltmeister Helmut Bradl gut nachvollziehen. Sein Sohn Stefan fährt in der Moto2-Klasse, er selbst war an der Strecke, als Simoncelli verunglückte. „Das ist so hart. Wir alle wissen um die Gefahren des Rennsports, aber man verdrängt das gerne. Bis es einem wieder brutal vor Augen geführt wird”, sagte Bradl der AZ mit brüchiger Stimme. Der Zahlinger hat den Unfall mit angesehen. „Da hat es mich geschaudert”, sagte Bradl, der kurz danach mit seinem Sohn telefonierte: „Er war ziemlich durch den Wind. Ich habe ihm gesagt: Setz dich in den Flieger, mach die Augen zu und denk an was anderes.”

Leicht gesagt, ganz schwer getan. Auch Bradl senior kann die Bilder, kann die Gefahr nicht einfach ausblenden. „Natürlich hat man Sorgen, wenn der Bua fährt. Er hatte ja auch schon seine Stürze. Aber es gibt nur zwei Möglichkeiten: Entweder man macht weiter oder man hört auf. Langsamer fahren, das funktioniert nicht. Und 100 Meter Sicherheitsabstand kann man auch nicht lassen. Wenn man das im Rennen nicht ausblenden kann, sollte man es lassen. Aber das kann kaum einer, denn den Rennsport hast du im Blut.”

Vorwürfe an Rossi, der dem über die Piste schlitternden Simoncelli nicht mehr ausweichen konnte, gibt es keine. Bradl: „Wenn überhaupt einer Schuld hat, dann Simoncelli selber, denn er ist gestürzt. Rossi hatte keine Chance, auszuweichen. So ist unser Sport, er verzeiht manchmal nicht den kleinsten Fehler. In Extrem-Sportarten wird es immer wieder Todesfälle geben. Das passiert im Abfahrtslauf, beim Bergsteigen und eben auch beim Motorradfahren.”

Simoncelli wird am Donnerstag zu Grabe getragen, Bradls Gedanken sind bei den Angehörigen. „Ich habe gehofft und gebetet, dass es mit Marco glimpflich verläuft, aber es sollte nicht sein. Jetzt trauere ich mit der Familie.”

Er trauert und hofft, dass er nie das Gleiche erleben muss.

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