Kurswechsel von Bach: IOC kann nicht unpolitisch sein

Thomas Bach hielt sich nach seinem historischen Olympiasieg nicht lange mit Feiern auf. Gleich in seiner ersten Pressekonferenz als neuer IOC-Präsident kündigte der Jurist aus Tauberbischofsheim einen Kurswechsel der Ringe-Organisation an.
von  dpa

Buenos Aires - Der 59-Jährige will das Wohl der Athleten wieder zur obersten Priorität machen und das Internationale Olympische Komitee zu einer stärkeren gesellschaftlichen Macht entwickeln. "Wir müssen uns klar machen, was das IOC tun kann, wofür wir da sind und was wir nicht machen können. Das IOC kann nicht unpolitisch sein", erklärte der 59-Jährige nach dem Ende der 125. IOC-Vollversammlung in Buenos Aires. "Wir müssen erkennen, dass Olympische Spiele politische Auswirkungen haben, aber um unsere Rolle zu erfüllen, müssen wir politisch neutral sein."

Kaum stand sein souveräner Zweitrundensieg um das wichtigste Amt im Weltsport fest, bekam Bach einen Glückwunschanruf von Kremlchef Wladimir Putin. "Er hat mir gratuliert und eine enge Zusammenarbeit zugesagt, damit die Spiele in Sotschi ein Erfolg werden", berichtete der neue starke Mann an der Spitze des Internationalen Olympischen Komitees (IOC). Die problembeladenen Winterspiele vom 7. bis 23. Februar in Sotschi sind gleich die erste Herausforderung für Bach. Drohende Terrorgefahr, Menschenrechtsverletzungen und große Empörung über das russische Anti-Homosexuellen-Gesetz belasten das Ringe-Spektakel an der russischen Schwarzmeerküste.

Deshalb will Bach auch so schnell wie möglich loslegen. Bereits am kommenden Dienstag will er in seiner neuen Heimat Lausanne die Geschäfte auf- und die wichtigsten Akten von seinem Vorgänger Jacques Rogge übernehmen. Der 71 Jahre alte Belgier wurde zum Abschied nach zwölfjähriger Amtszeit von seinen Kollegen mit Ovationen gefeiert. "Das wichtigste Thema wird zunächst Sotschi sein. Es sind nur noch fünf Monate", sagte Bach, der auch Stunden nach seiner Wahl noch sichtlich bewegt wirkte. "Es war ein sehr emotionaler Tag heute. Es traf mich mitten ins Herz. Eine Emotion nach der andern", sagte er. Seine erste offizielle Reise in seinem neuen Amt als IOC-Präsident ist ins griechische Olympia geplant, dem Austragungsort der Olympischen Spiele der Antike.

Mit 49 Stimmen sicherte sich der Montreal-Olympiasieger mit der Florett-Mannschaft bei der geheimen Abstimmung im zweiten Wahlgang die Mehrheit. Sein härtester Rivale, IOC-Finanzchef Richard Carrion (Puerto Rico), folgte weit abgeschlagen mit 29 Stimmen. 22 Jahre nach seinem Eintritt ins IOC ist Bach auf dem Gipfel der Macht angekommen.

Bereits vor seinem endgültigen Umzug ins IOC-Hauptquartier nach Lausanne gibt es noch viel zu tun. Bach wird auf der Präsidiumssitzung des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) am 16. und 17. September in Frankfurt als Chef der Dachorganisation zurücktreten. Auch die Präsidentschaft der deutsch-arabischen Handelskammer wird er niederlegen müssen, bevor er mit der Umgestaltung des IOC beginnen kann.

Bach ist in der 119-jährigen IOC-Geschichte bereits der achte europäische Präsident. "Bach ist eine sehr gute Wahl. Er ist ein ehemaliger Olympier und sieht die Welt aus den Augen der Athleten", sagte IOC-Mitglied Frankie Fredericks (Namibia). Sebastian Coe, Organisationschef von London und seit Jahrzehnten ein Bach-Freund, nannte den IOC-Präsidenten sogar "eine perfekte Wahl für die Athleten und den Sport". Und seine internationale Beförderung ist eine Premiere - Bach hat es als erster Olympiasieger an die Spitze des IOC geschafft.

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