Kühnhackl zur DEB-Pleite: "Das tut weh"
München - Erich Kühnhackl ist Deutschlands Eishockeyspieler des Jahrhunderts. Er war Mitglied der Mannschaft, die bei Olympia 1976 sensationell die Bronzemdeaille holte.
Im AZ-Interview analysiert der 64-Jährige den Start der deutschen Nationalmmanschaft in die WM in Tschechien. Das 0:10 gegen haushoch überlegen Kanadier bereitet ihm da ziemliches Kopfzerbrechen.
AZ: Herr Kühnhackl, haben Sie die 0:10-Klatsche der deutschen Nationalmannschaft gegen Kanada bei dieser Eishockey-WM schon verdaut?
ERICH KÜHNHACKL: Nein, noch nicht. Das wird auch sicher noch ein bisschen dauern. Das tut weh. Ich war schon ein bisserl schockiert.
AZ: Woran lag’s? Eigentlich dachte man, dass zweistellige Niederlagen im deutschen Eishockey endgültig der Vergangenheit angehören würden.
ERICH KÜHNHACKL: Das stimmt. Ich hatte einfach das Gefühl, dass die deutsche Mannschaft in Ehrfurcht und Respekt erstarrt ist. Bei Kanada sind ja dieses Mal wirklich einige der allergrößten Stars unseres Sportes überhaupt mit dabei...
AZ: Etwa Sidney Crosby.
ERICH KÜHNHACKL: Genau. Da haben die Jungs dann irgendwie fast das Kämpfen vergessen. Es gibt solche Tage. Das kann schon mal passieren, aber es sollte eben nicht oft passieren. Auch ich habe ja in meiner Karriere so manche extrem schmerzhafte Niederlage erlebt, da hilft nur eins: Sich durchschütteln und es allen zeigen, dass man es besser kann. Viel besser. Aus so einer Niederlage kann man nur lernen und dann zeigen, aus welchem Holz man eigentlich gemacht ist. Auch eine ersatzgeschwächte deutsche Mannschaft muss unter normalen Umständen eine ganz andere Leistung abrufen, als es hier passiert ist.
AZ: Was schockt Sie eigentlich mehr? Das Ergebnis oder die Leistung?
ERICH KÜHNHACKL: Schon die Art und Weise, wie das Ergebnis zustande kam, wie sich fast ergeben wurde. Dass wir gegen eine Truppe aus Kanada, die die besten Akteure der NHL dabei hat, spielerisch nicht bestehen können, das ist eigentlich selbstverständlich. Aber dann muss man halt kämpferisch noch mehr draufpacken, das ist aber leider nicht passiert. Wobei man zur Ehrenrettung dieser Mannschaft schon sagen muss, dass es unglaublich schwer ist, wenn 18 oder 20 Spieler abgesagt haben, sein Potenzial abzurufen. Da hätten auch große Eishockey-Nationen wie Tschechien ihre Probleme, wenn man ohne 20 Stars antreten müsste.
AZ: Trotzdem: ein 0:10 ist durch nichts zu rechtfertigen...
ERICH KÜHNHACKL: Klar, jetzt sind alle gefragt. Der Bundestrainer, die Spieler. Ich hoffe sehr, dass alle jetzt darauf brennen, zu beweisen, dass sie es eigentlich besser können, dass dies hier ein – hoffentlich einmaliger – Ausrutscher war. Die Niederlage tut weh, aber viel wichtiger kann sein, dass wir in der ersten Partie gegen Frankreich gewonnen haben. Die Punkte können Gold wert sein. Eine der wichtigsten Tugenden eines Eishockeyspielers ist die Fähigkeit, schnell zu vergessen. Diese Niederlage muss schnell aus den Köpfen raus. Jetzt sind alle gefragt, das Bild vom deutschen Eishockey geradezurücken. Natürlich führt das zu viel Unruhe, gerade auch im Umfeld. Aber das bringt nichts. Jetzt müssen die Führungsspieler nicht nur auf dem Eis, sondern gerade auch außerhalb Präsenz zeigen, das Team mitnehmen. Ich bin mir sicher, dass wir viel besser sind als das, was wir das gesehen haben. Wir müssen jetzt die Wende zum Positiven schaffen.
AZ: Schlechter geht es ja auch kaum noch.
ERICH KÜHNHACKL: Das haben jetzt Sie gesagt!
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