Krieg der Systeme
Formel-1-Zoff: Die zwei Österreicher Toto Wolff und Helmut Marko heizen den Streit zwischen Mercedes und Red Bull an. Jetzt eskaliert’s: „Das Tischtuch ist zerschnitten”
München - Bisher lief es für Sebastian Vettel immer so: Am 3. Juli feierte er Geburtstag, in den darauffolgenden Juli-Rennen gab es dann aber nie viel zu feiern für ihn. Noch nie konnte der Serien-Weltmeister also sein Heimrennen gewinnen. „Es gibt keinen Juli-Fluch”, sagte Vettel nun dennoch an seinem 26. Geburtstag vor dem Rennn am Sonntag auf dem Nürburgring (14 Uhr, RTL und Sky live).
Für die Zukunft wünscht Vettel sich Harmonie – zumindest im eigenen Team. Nachdem sein Intimfeind Mark Webber den Rennstall zum Saisonende verlässt, erwartet Vettel ein Mitspracherecht bei der Kollegensuche. Große Ansprüche hat er aber nicht. „Man muss zusammenarbeiten, das Auto gemeinsam entwickeln und sich nicht in die Quere kommen – das ist es auch schon", sagte Vettel der „Sport Bild”.
Mit der Harmonie in der Formel 1 ist es derzeit generell mal wieder nicht allzu weit her. Zwar haben sich die Rennställe jetzt endlich bei der Reifenproblematik zusammengerauft – allerdings erst, nachdem letzten Sonntag reihenweise platzende Reifen die Piloten in Lebensgefahr brachten. Schon am Nürburgring fahren die Teams nun mit Reifen, die einen Kevlar- statt Stahlring haben und somit nicht mehr einfach so platzen sollten bei Höchstgeschwindigkeit. Hersteller Pirelli hatte die eigentlich schon vor mehr als einem Monat einführen wollen – war aber am Widerstand von Ferrari, Lotus und Force India gescheitert.
„Den Teams, die sich gegen die neuen Reifen gewehrt haben, sind jetzt die Augen aufgegangen: Man kann in dieser Sache nicht mehr opportunistisch seinen Vorteil suchen. Die Sicherheit ist Priorität Nummer eins, die Formel 1 muss jetzt Einigkeit zeigen”, ätzte Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff am Mittwoch in einer Telefonkonferenz.
Doch ob es mit Wolff wirklich zu Frieden kommen kann in der Formel 1? Vor allem den Verantwortlichen bei Red Bull ist der forsche Österreicher ein Dorn im Auge. Immer wieder sind vor allem Red-Bull-Motorsportboss Helmut Marko und Wolff in dieser Saison aneinandergeraten. Marko, Österreicher wie Wolff, hält den juvenil auftretenden 41-jährigen Investor für profilierungssüchtig. Die beiden hatten darum schon länger Zoff miteinander. Wolff dagegen, seit Jahresbeginn Nachfolger von Norbert Haug, hat es nicht gefallen, dass Red Bull die Silberpfeile wegen deren illegaler Reifentests bei der FIA angeschwärzt hat. Doch hinter dem Streit steckt noch mehr. Es ist ein Krieg der Systeme. Hier der Automobil-Global-Player Mercedes, da Marketing-Gigant Red Bull. Nach dem letzten Rennen in England ätzte Wolff in Richtung Red Bull: „Auf Dauer ist es nicht akzeptabel, dass ein Brausehersteller 100000 Mercedes-Benz-Mitarbeitern vor der Nase herumfährt.”
In „Sport Bild” konterte nun Marko – aufs Schärfste. „Natürlich ist die Formel 1 kein Kinderspielplatz. Wir alle kämpfen mit harten Bandagen. Aber jetzt ist er zu weit gegangen. Das Tischtuch ist zerschnitten. Es wird keine Gespräche mehr geben.”
Doch Gespräche zwischen den Rennställen sind nötiger denn je – vor allem wegen der Reifen und zur Verbesserung der Sicherheit der Piloten.