Krasniqis Titelverteidigung: Auf ein Neues - 364 Tage später

Der Münchner Robin Haxhi Krasniqi verteidigt in Magdeburg seinen WM-Titel im Rückkampf gegen Dominic Bösel. "Das kriegt man nicht so schnell aus dem Schädel raus, das hast du immer im Hinterkopf."
von  Matthias Kerber
Robin Krasniqi (l.) und Dominic Bösel.
Robin Krasniqi (l.) und Dominic Bösel. © picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild

München - Er ist der Weltmeister, den so gar keiner auf der Rechnung hatte, nicht mal sein eigener Boxstall SES.

Die Rede ist vom Münchner Robin Haxhi Krasniqi. Zwei Mal hatte der jetzt 34-Jährige zuvor um die WM geboxt, war letztlich aber 2013 gegen den Briten Nathan Cleverly und 2015 gegen den Deutschen Jürgen Brähmer chancenlos.

Krasniqi galt bei SES eher als die Vergangenheit, man setzte auf Dominic Bösel als neues Zugpferd, wollte ihn als großen deutschen Star aufbauen, Box-Ikone Henry Maske durfte diesen öffentlichkeitswirksam als den Mann ausrufen, der in seine Fußstapfen tritt.

Schön geplant, schön geträumt - aber eben die Rechnung ohne Krasniqi gemacht. Der war als Ersatz für den eigentlichen Gegner Zac Dunn eingesprungen und schlug an diesem 10. Oktober 2020 Bösel, der sich im Vorfeld selbstbewusst bis arrogant gegeben hatte, jegliche Selbstüberschätzung aus dem Schädel. Ein krachender Knockout in der dritten Runde beendete alle hochfliegenden und hochtrabenden Träume von Bösel. Sechs Jahre hatten die beiden zusammen trainiert, gegeneinander gesparrt, ohne jemals wirklich Freunde zu werden.

 "Kein Geld der Welt kann mir so ein Gefühl vermitteln"

Bösel am Boden (und später im Krankenhaus), Krasniqi obenauf. "Das ist mit Abstand der größte und schönste Tag in meinem ganzen Leben. Kein Geld der Welt kann mir so ein Gefühl vermitteln. All die Schmerzen, das harte Training, das Blut, die Tränen haben sich ausgezahlt", sagte Krasniqi der AZ: "Ich habe immer alles für meinen Traum geopfert, an diesem Tag ist er endlich Realität geworden. Und ich werde nicht zulassen, dass er mir meinen Traum wieder zerstört."

Denn: Nun - 364 Tage später - kommt es, wieder in Magdeburg, zum Rematch. Für IBO-Weltmeister Krasniqi ist es die Chance, alle Zweifler erneut Lügen zu strafen und auf seine alten Boxertage noch mal Kasse zu machen. Für Bösel geht es darum, seinen angeschlagenen Ruf, sein so übel verprügeltes Ego wieder herzustellen. Klar ist: Verliert er auch den Rückkampf gegen Krasniqi - es wäre die dritte Niederlage nach der K.o.-Pleite gegen Karo Murat (2018) seiner Karriere -, war es das. "Dann bin ich weg von der großen Bühne", sagte Bösel selber, "aber daran denke ich nicht. Ähnlichen Druck hat man ja fast bei jedem Kampf."

Nein: Der Druck ist nach einem derart verheerenden Knockout ein ganz anderer. Die Gegner wissen, dass man plötzlich vulnerabel ist - bei einem Rematch natürlich gleich doppelt.

"Das war ein richtig brutaler K.o., Bösel war ja völlig weg. Das kriegt man nicht so schnell aus dem Schädel raus, das hast du immer im Hinterkopf. Das kenne ich aus eigener Erfahrung", sagte Axel Schulz, der in seiner Karriere selber drei Mal um die Weltmeisterschaft im Schwergewicht geboxt hat - und dreimal verlor, der AZ: "Boxen ist ein Sport, in dem die Psyche, das Mentale so entscheidend ist. Bösel ist angeschlagen, Krasniqi über sich hinausgewachsen. Ich gehe davon aus, dass es wieder mit einem vorzeitigen Sieg für Krasniqi enden wird."

"Ich gehe davon aus, dass es wieder mit einem vorzeitigen Sieg für Krasniqi enden wird", sagt Box-Experte Axel Schulz über den Rückkampf von Dominic Bösel gegen den Münchner Robin Haxhi Krasniqi.
"Ich gehe davon aus, dass es wieder mit einem vorzeitigen Sieg für Krasniqi enden wird", sagt Box-Experte Axel Schulz über den Rückkampf von Dominic Bösel gegen den Münchner Robin Haxhi Krasniqi. © picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild

Krasniqi im April mit Corona infiziert

Krasniqi hat sich wieder extrem hart auf den Fight vorbereitet. "Ich werde sicher nie einen Kampf verlieren, weil ich zu wenig in mein Training investiert habe. Ich bin mental extrem stark und der Geist zwingt meinen Körper über jede Grenze zu gehen", beschrieb er sein Erfolgsrezept.

Im April hatte sich Krasniqi mit Corona infiziert, doch nach zehn Tagen "Schlafkur" hatte er auch den Virus besiegt. Ansonsten bereitet sich Krasniqi hinter den Kulissen auf die Karriere nach der Karriere vor. Er betreibt ein Gym in Gersthofen und eine Eisdiele in Augsburg, bringt eine Modekollektion für Männer raus. "Aber das lenkt mich nicht ab. Boxen ist mein Leben."

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