Krasniqi und die linke Sache
Der Münchner Boxer Robin Haxhi Krasniqi verliert den WM-Fight gegen Jürgen Brähmer. Dessen Linke machte den Unterschied: „Extreme Schlaghärte!“
Rostock - Die Augen verschwollen, die Lippe so tief gespalten, dass man die Zähne fast drunter sehen konnte, stand Robin Haxhi Krasniqi da und hatte mit den Tränen zu kämpfen. Tränen der Trauer, der Enttäuschung, des Frustes angesichts seines geplatzten großen Traumes – des Gewinns des WM-Titels. „Ich muss jetzt erstmal für mich zur Ruhe kommen, um überhaupt zu verstehen, was hier passiert ist“, sagt der Münchner nach seiner Niederlage durch technischen K.o. in der zehnten Runde gegen Weltmeister Jürgen Brähmer.
Was passiert ist, war eindeutig, war offensichtlich, war äußerst schmerzhaft. Brähmers Linke war immer wieder passiert. „Jürgen muss eine Schlaghärte haben, die dich wirklich durchrüttelt. Das sieht für den Zuseher gar nicht so extrem aus, aber jedes Mal, wenn Jürgen voll getroffen hat, waren bei Krasniqi die Beine weg“, sagte Box-Experte Axel Schulz der AZ, „Robin hat couragiert gekämpft, aber jedes Mal, wenn es so schien, dass er das vielleicht in den Griff kriegt, schlug die Linke ein und Robin kämpfte nur noch ums Überleben. Jürgen war für Robin einfach eine Nummer zu groß.“
Nichts war es also damit, dem 36-jährigen Brähmer den Rentenbescheid im Ring auszuhändigen, so wie es der 27-jährige Herausforderer angekündigt hatte. „Er ist ein großer Boxer, ein großer Champion“, sagte Krasniqi, der unbedingt der erste Münchner Box-Weltmeister werden wollte. „Er hat einen richtig guten Kampf gemacht, hat mir alles abverlangt. Da waren auch ein paar Hände dabei, die ich gar nicht so gerne genommen habe“, sagte Brähmer nach seinem 46. Sieg im 48. Fight als Profi, „aber wann ich in Rente gehen, das entscheidet nicht er, wahrscheinlich nicht mal ich, sondern meine Frau.“
Brähmer ist also weiter der Herr des Ringes im Halbschwergewicht. Wo es hingegen mit Krasniqi, der abermals – wie schon bei seinem ersten WM-Kampf 2013 gegen den Briten Nathan Cleverly – an den Großen seiner Zunft gescheitert ist, hingeht, muss sich nun zeigen. „Das war die Art von Niederlage, die muss man als Boxer erst einmal verdauen, da kann man auch dran zerbrechen“, sagt Schulz. „Robin wurde von Jürgen mehrfach angeklingelt, das kann man nicht als Glücksschlag abtun – gleichzeitig muss Krasniqi akzeptieren, dass seine eigene Schlaghärte nicht ausreicht, um die Boxer der Weltklasse zu erschüttern. Er hat gesehen, dass er selber verwundbar ist, aber nicht verwunden konnte.“
Krasniqi kam direkt nach dem Kampf ins Krankenhaus, wo die so schwer verletzte Lippe, wegen der der Fight letztendlich abgebrochen wurde, behandelt wurde. „Da wird er wohl einen Schönheitschirurgen brauchen, der Cut war extrem tief“, sagt Schulz.
Jetzt will sich der Münchner erst einmal zurückziehen. „Er wird sich zwei, drei Wochen verkriechen“, prophezeite Promoter Ulf Steinforth aus dem Magdeburger SES-Stall und versicherte: „Der ist so ehrgeizig, der Typ. Der kommt zurück.“ Der Münchner Krasniqi hat gezeigt, dass er zur erweiterten Weltklasse gehört.
Die Frage ist nur: Wie kommt er zurück? Stärker? Besser? Oder ist das große Kämpferherz gebrochen?
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