Krasniqi gegen Danso: "Will Weltmeister werden"

Der Münchner Boxer Robin Krasniqi träumt vom Titel im Halbschwergewicht. Vor seinem Kampf gegen K.o.-König Emmanuel Danso verrät er, was ihn antreibt und welche Rolle seine Mutter spielt
Matthias Kerber |
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AZ: Herr Krasniqi, für Sie ist jetzt erst einmal Sisyphos-Arbeit angesagt, ehe Sie eine zweite Chance bekommen, es nach ganz oben zu schaffen und auf den Box-Olymp aufzusteigen. Beim ersten Versuch scheiterten Sie an Weltmeister Nathan Cleverly, jetzt müssen Sie nach achtmonatiger Kampfpause am Freitag K.o.-König Emmanuel Danso aus dem Weg räumen.

ROBIN HAXHI KRASNIQI: So sieht es aus. Mein Ziel ist klar, ich will Weltmeister werden. Um da wieder hinzukommen, meine zweite Chance zu kriegen, gebe ich alles. Das ist mein Lebenstraum. Dafür nehme ich all das auf mich, die Schmerzen, die Qualen. Im Kampf gegen Cleverly war ich noch zu unerfahren. Ich habe zwar an mich geglaubt, aber ich habe irgendwie nicht glauben können, dass ich jetzt wirklich um die WM kämpfe, das war alles irgendwie noch zu irreal. Das ist eben das Lehrgeld, das ich bezahlen musste. Diese Niederlage hat in mir das Feuer noch mehr angestachelt. Ich war so nah dran. Ich bin bereit, für die zweite Chance doppelt zu leiden.

Sie hatten an der Niederlage lange zu knabbern.

Definitiv, das war, als ob man mir das Herz rausschneiden würde. Es tat weh, ich habe mich fast geschämt, mir ging es wirklich schlecht. Ich habe mich auch erst nicht getraut, in den Kosovo zu fliegen, wo ich geboren bin, weil ich mir so vorkam, als hätte ich sie alle im Stich gelassen, als hätte ich versagt. Aber als ich dann doch dorthin bin, war das überwältigend. Sie alle waren so unglaublich stolz auf mich, haben mich aufgebaut. Boxen ist im Kosovo Volkssport Nummer eins, bei meinen Kämpfen werden riesige Leinwände aufgebaut und die Fans versammeln sich bei jedem Wetter. Egal, ob Schnee, Hagel, Regen – sie stehen zu und hinter mir. Das macht mich richtig demütig.

Ihre Familie lebt teilweise immer noch dort.

Ja, mein Vater lebt mit zwei Geschwistern in München, meine Mutter mit drei meiner Geschwister im Kosovo. Sie ist mein größter Fan, aber sie kann meine Kämpfe nicht mitansehen. Wir müssen ihr sogar Beruhigungstabletten geben. Ich sage ihr immer: „Du musst Vertrauen in mich haben, ich bin wirklich gut!“ Aber egal, was ich sage, das kann das Herz einer Mutter nicht beruhigen. Früher habe ich ihr oft gar nicht erzählt, dass ich kämpfe, damit sie sich nicht aufregt. Aber jetzt geht das nicht mehr, es wird zu viel über meine Kämpfe gesprochen.

Als Kind erlebten Sie den fürchterlichen Bürgerkrieg im Kosovo mit.

Ja, es war fürchterlich. Kein Mensch, vor allem kein Kind sollte so etwas erleben müssen. Wir durften als Kinder nur ganz in der Nähe des Hauses spielen, weil überall Landminen waren. Es waren furchtbare Erlebnisse.

Sie mussten des Öfteren um Ihr Leben fürchten.

Es gab mehrere Situationen, in denen ich mich fragte: Wie viele Sekunden hast du noch zu leben? Wir waren etwa im Haus, als wir das Knattern der Kalaschnikows hörten und plötzlich flogen die Kugeln durch die Wände über die Köpfe hinweg. Unsere Mutter hat uns dann zu Boden gezogen, wir haben uns im Keller versteckt. Das Geschrei, das Geballer, das werde ich nie vergessen.

Das war nicht das Ende der Odyssee.

Nein, wir sind dann geflüchtet, haben uns tagelang im Wald versteckt. Wir haben aus der Ferne sehen müssen, wie ganze Dörfer brannten, ich musste Leichen sehen. Ich habe viele Verwandte, auch sehr enge, etwa Cousins, verloren. Krieg ist das Schlimmste, was es gibt. Wenn ich etwa die Bilder in der Ukraine sehe, zucke ich zusammen. Wie kann das sein? Wir sind doch alle Menschen – und am Ende wollen wir doch alle nur eines: leben. Leben in Frieden und Freiheit. Ohne Krieg. Sie sind dann über Albanien nach Deutschland geflüchtet.

Seit einem Jahr sind Sie Deutscher, kämpfen unter deutscher Flagge.

Ich bin unglaublich stolz, wenn die deutsche Hymne gespielt wird. Ich habe Deutschland alles zu verdanken. Ich vergesse nie, wo ich herkomme, aber meine Heimat ist Deutschland, ist München. Es erfüllt mich mit Stolz, wenn ich bei den Kämpfen jetzt als Deutscher antrete.

 

 

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