Kohlschreiber: „Irre Nummer“

Marathonsieg bei den French Open macht dem Augsburger wieder Mut. Nur ein neuer Trainer fehlt ihm noch.
von  Abendzeitung
Steht in der dritten Runde der French Open: Philipp Kohlschreiber.
Steht in der dritten Runde der French Open: Philipp Kohlschreiber. © dpa

Marathonsieg bei den French Open macht dem Augsburger wieder Mut. Nur ein neuer Trainer fehlt ihm noch.

PARIS In der Tenniswelt von Philipp Eberhard Hermann Kohlschreiber geht es in diesem Jahr ziemlich bunt zu. Und ziemlich turbulent. Und wenn ein Spiel die nervöse Grundverfassung des größten Talents aus der deutschen Zukunftsgeneration abbildete, dann der hektische French Open-Marathon der zweiten Runde, den Kohlschreiber gestern gegen den alten spanischen Granden Juan Carlos Ferrero mit 6:4, 2:6, 6:4, 6:7 und 6:2 gewann.

„Es war eine irre Nummer“, sagte Kohlschreiber, als er das närrische Treiben mit 19 Breaks nach genau 3:33 Stunden über zwei Tage (am Donnerstag wurde wegen Dunkelheit abgebrochen) beendet hatte. Immerhin: Mit Kohlschreiber und Tommy Haas kämpften sich so zwei deutsche Herren in Paris in die dritte Runde – eine wenigstens etwas bessere Bilanz als noch 2008, als kein einziger der deutschen Herren auch nur ein einziges Match gewann.

Während Haas nun auf den formstarken Franzosen Jeremy Chardy trifft, hat Kohlschreiber – ebenfalls am Samstag – als krasser Außenseiter die harte Prüfung gegen Mitfavorit Novak Djokovic vor sich. „Ich gehe da nicht ohne Hoffnung rein. Außerdem will ich auf einem großen Showcourt zeigen, was ich drauf habe“, sagt der Augsburger.

Von Beständigkeit ist Kohlschreiber trotz der Erfüllung seines Pariser Minimalziels weit entfernt. Richtig rund gelaufen ist es ja nicht für ihn in einer Spielserie, in der er eigentlich wieder die Weltspitze angreifen wollte und den Sturm in die Top 20 als Ziel vorgegeben hatte. Doch allein schon die Wechselspielchen auf dem Trainerposten sorgten für zu viel Unruhe - von der Ankündigung, sich mit dem erfahrenen Schweden Thomas Hogstedt bedingungslos zu verbünden und „alles zu tun, was er mir sagt“, blieb schnell nicht viel übrig. Schon in der Sandplatzsaison trennten sich die Wege. „Die Chemie passt nicht, das haben wir beide schnell erkannt. Wir haben nie zueinander gefunden“, sagt Kohlschreiber. Nun sitzt Hogstedt wieder bei seinem ehemaligen Schützling Haas als Berater auf der Bank, und Kohlschreiber tourt mit dem bei der Münchner TennisBase beschäftigten Schweden Stefan Eriksson herum. „Er unterstützt mich als Freund, nicht offiziell als Trainer“, sagt Kohlschreiber, „ich suche jetzt auch nicht verzweifelt nach einem neuen Mann.“

Seit dem Abgang Hogstedts, der ihn zuweilen auch öffentlich hart und schonungslos kritisiert hatte, spielt Kohlschreiber wieder etwas besser. Er gewinnt mehr Spiele, aber sein eigentliches Potenzial hat er auch noch nicht abgerufen.

Jörg Allmeroth

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