Kohlschreiber: „Auf leisen Sohlen heranschleichen“

Philipp Kohlschreiber gibt sich vor dem Duell mit Nadal bescheiden – und selbstkritisch.
von  Abendzeitung
Schwere Aufgabe in Runde drei der Australian Open: Philipp Kohlschreiber muss gegen Nadal  ran.
Schwere Aufgabe in Runde drei der Australian Open: Philipp Kohlschreiber muss gegen Nadal ran. © AP

Philipp Kohlschreiber gibt sich vor dem Duell mit Nadal bescheiden – und selbstkritisch.

AZ: Herr Kohlschreiber, vor drei Jahren haben Sie vor Ihrem Australian Open-Duell gegen Rafael Nadal flotte Sprüche losgelassen.

PHILIPP KOHLSCHREIBER: Das war 2007. Da war ich jünger. Etwas vorlauter. Etwas unreifer. Man darf nicht zu locker daherreden.

Was trauen Sie sich denn jetzt gegen Rafael Nadal, Ihrem nächsten Gegner am Freitag in Melbourne, zu?

Das ist der größte Brocken, den Du kriegen kannst. Auf einer Ebene mit Federer. Das kann ich nur gewinnen, wenn ich einen verdammt guten Tag erwische. Wenn ich über mich hinauswachse. Ich habe Respekt, aber keine Angst.

Seit diesem ersten bedeutenden Spiel in Ihrer Karriere haben Sie die Lücke zu den ganz Großen der Szene noch nicht schließen können.

Gut, es gibt vier, fünf Leute da vorne, die sind in einer eigenen Liga unterwegs, wenn auch nicht unschlagbar. Top Ten-Leute habe ich schon genug besiegt. Mein Problem ist: Ich spiele nicht gleichmäßig genug über die Saison, da fehlt mir der lange Atem.

Zwischen letzter und dieser Saison haben Sie einen Ranglisten-Platz gut gemacht. Zu wenig Fortschritt – oder?

Das reicht mir nicht. Der Plan ist schon, sich mal fest in den Top 20 zu behaupten. Ich will aber keine großen Ziele verkünden, sondern mich nun von Tag zu Tag verbessern. Und ein gutes Niveau halten. Dafür braucht man auch ab und zu richtig starke Ergebnisse gegen die Topleute. Sonst bewegt sich nichts.

Müssen sie nicht noch klarer die Schwerpunkte auf die international großen und die deutschen Turniere legen?

Ganz klar. In Auckland ins Halbfinale zu kommen, ist gut und schön. Aber wen interessiert’s schon daheim. Schaffe ich in München das Halbfinale oder Finale, ist das zehn Mal mehr wert. Und dann muss die Grand-Slam-Leistungskurve auch deutlich nach oben gehen.

Sie haben sich oft das Leben selbst schwer gemacht, zu viele Nebenkriegsschauplätze aufgebaut.

Und auch zu viel gejammert über Dinge, die man sowieso nicht verändern kann. Oft habe ich mich gewundert, welche Erwartungen an mich gestellt wurden. Der nächste deutsche Topspieler, hieß es, als ich gerade 19 war. Da war ich noch gar nicht bereit, um etwas im Tennis zu reißen. Ich bin kein Früh- oder Schnellstarter. Ich schleiche mich eher auf leisen Sohlen heran.

Wollen Sie jetzt die Sprücheproduktion ganz einstellen?

Ich werde mich als Typ nicht verstellen, das kann ich gar nicht. Wenn mich einer ein paar Mal ärgert, dann gibt es auch klare Worte. Aber ich muss eben erst sorgfältig nachdenken über ein Thema, bevor ich mich dazu äußere. Ich bin nicht einer, der jedermanns Freund sein wird. Ich polarisiere auch schon mal. Aber ich will aufpassen, dass ich nicht unnötig Konflikte erzeuge.

In Ihr Verhältnis zu Tommy Haas wurden Spannungen hineininterpretiert. Hoffen Sie auf seine Rückkehr ins Davis-Cup-Team?

Warum sollte ich nicht darauf hoffen? Das beste Team ist ein Team mit Tommy.

Interview: Jörg Allmeroth

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