König der Nacht: Nadal trifft jetzt im Mega-Duell auf Zverev

In einer epischen Nightsession bezwingt Nadal Rivale Djokovic und steuert auf seinen 14. French-Open-Titel zu. Oder beendet Alexander Zverev bereits im Pariser Halbfinale vorzeitig die große Karriere des Spaniers?
von  Krischan Kaufmann
Handshake unter Tennis-Königen: Novak Djokovic (l.) wird Nadal in diesem Jahr nicht mehr vom French-Open-Thron stürzen.
Handshake unter Tennis-Königen: Novak Djokovic (l.) wird Nadal in diesem Jahr nicht mehr vom French-Open-Thron stürzen. © picture alliance/dpa/AP

Paris - ausgerechnet diese Stadt, in der sich die Franzosen vor 233 Jahren mit dem Sturm auf die Bastille ihres Königs entledigten und damit ein neues Kapitel der Menschheitsgeschichte aufschlugen, ist in diesen Tagen ein monarchisches Epizentrum. Vor allem aus spanischer Sicht.

Als sich am Samstag die Spieler von Real Madrid im Champions-League-Finale gegen den FC Liverpool zu Europas Fußball-Königen krönten, jubelte in der Ehrenloge des Pariser Stade de France auch Felipe VI. mit - so weit so royal!

Nadal gewinnt gegen Djokovic

Gleich neben dem spanischen Regenten machte aber auch noch ein anderer Edelfan den Königlichen seine Aufwartung: Rey Rafa, der König von Roland Garros.

Unfassbare 13 Mal hat sich Nadal bei den French Open bereits die Krone aufgesetzt, kein Tennis-Profi hat häufiger das Grand-Slam-Turnier im edlen 16. Arrondissement der Seine-Metropole gewonnen.

Und seitdem der 35-jährige Mallorquiner am Mittwoch um 1.14 Uhr auf die Knie in den roten Sand des Court Philippe Chatrier sank und überwältigt von den eigenen Emotionen die Hände vor das Gesicht schlug, trägt er noch einen weiteren Titel.

Nadal ist nicht nur der König von Paris, sondern auch König der Nacht

Verdient hat sich der Publikumsliebling der French Open diesen Ehrentitel in einer epischen Nightsession. Am letzten Tag im Mai hatte Nadal sein Viertelfinale gegen seinen großen Rivalen Novak Djokovic begonnen, am ersten Tag im Juni endete es mit seinem 110. Einzelsieg in Paris und Tränen in Nadals Augen.

"Merci, Merci, Merci, Merci", rief der 35 Jahre alte Mallorquiner den spät in der Nacht noch tobenden Fans in der französischen Tennis-Kathedrale zu. "Das ist ein sehr emotionaler Tag für mich", sagte Nadal nach seinem brillanten 6:2, 4:6, 6:2, 7:6 (7:4) in 4:12 Stunden gegen den Weltranglisten-Ersten und Titelverteidiger Djokovic.

Der Centre Court im Bois de Boulogne ist längst zu Nadals Wohnzimmer geworden. Hier hat er sich zu dem entwickelt, der er ist - und hier könnte in diesen Tagen eventuell sogar eine der größten Karrieren der Tennis-Geschichte enden. Denn mehr denn je ist unklar, wie es mit Nadal nach den French Open weitergeht.

Nadal hat das Müller-Weiss-Syndrom

Der Rekord-Grand-Slam-Sieger (22 Titel, Djokovic 20) spielt schon seit längerem mit einer chronischen Fußverletzung, dem sogenannten Müller-Weiss-Syndrom. Dabei sterben Knochenanteile des Kahnbeins am Fuß ab, was besonders Auswirkungen auf das Sprunggelenk haben kann. Noch vor drei Wochen hatte Nadal beim Turnier im Rom am Ende eines Matches kaum noch laufen können. Sogar ein Start bei den French Open schien fraglich.

"Ich habe was ich habe in meinem Fuß. Wenn wir also nicht in der Lage sind, eine Verbesserung oder eine kleine Lösung dafür zu finden, dann wird es superschwer für mich", sagte Nadal. "Natürlich werde ich weiter kämpfen, eine Lösung dafür zu finden, aber bislang haben wir keine gefunden."

Für seinen großen Traum vom erneuten Titel nimmt Nadal die Schmerzen noch einmal in Kauf. Er hat extra einen Doktor dabei, um die Beschwerden erträglich werden zu lassen. Gegen Djokovic und auch schon zuvor beim kräftezehrenden Fünf-Satz-Krimi gegen den Kanadier Felix Auger-Aliassime merkte man Nadal die Probleme nicht an. Der Spanier tat das, was er im Stade Roland Garros immer tut - atemberaubendes Tennis zu spielen, mit einer Konsequenz, die an Perfektion grenzt. "Der König ist noch da", schrieb die französische Sportzeitung "L'Equipe" nach Nadals nächster Tennis-Gala.

Halbfinale: Nadal trifft auf Zverev

Eine solche wird er auch am Freitag im Halbfinale brauchen. Denn Zverev stand Nadal am Super-Dienstag im Viertelfinale gegen Tennis-Wunderkind Carlos Alcaraz fast in nichts nach. Der Olympiasieger zeigte sein mit Abstand stärkstes Match in diesem Jahr und war danach zurecht stolz. Es sei sicherlich eines der besten Grand-Slam-Spiele seiner Karriere gewesen, sagte Zverev. "Aber es war weit davon weg, perfekt zu sein."

Womit der 25-Jährige wieder einmal etwas zu hart mit sich ins Gericht ging. Denn die Art und Weise, wie Zverev den spanischen Senkrechtstarter Alcaraz entzauberte, war schon beeindruckend. So fokussiert wie dieses Mal hat man den gebürtigen Hamburger ganz selten gesehen. Vom ersten Ball an merkte man Zverev an, dass er jedem beweisen wollte, dass er auch noch da ist. Dass er "auch mit meinen alten 25 Jahren und auch, wenn mich viele irgendwie schon abgeschrieben haben" zu den Besten der Szene gehört.

Am Freitag wird Zverev beweisen müssen, ob er den König wirklich stürzen kann. Dass es schwer wird, steht außer Frage. Womöglich ist Nadal sogar noch ein wenig motivierter als sonst. Schließlich strebt er nach dem 14. Titel bei seinem Lieblingsturnier - ein nach menschlichem Ermessen uneinholbarer Rekord.

Damit würde sich für Nadal dann acht Tage nach seinem Besuch beim Finale im Stade de France ein weiterer Kreis schließen. Denn 14 Mal hat auch sein Lieblingsklub Real Madrid mittlerweile die Champions League gewonnen. Welch königlicher Zufall...

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