Klitschkos Sensationsplan

Die Brüder haben der Mutter versprochen, nie gegeneinander zu boxen. Jetzt denken sie doch daran, damit sich Vitali einen Traum erfüllen kann: Das Rematch gegen Lennox Lewis!
AZ: Herr Klitschko, nachdem Sie sich zusammen mit Vitali den Traum erfüllt haben, als erstes Brüderpaar der Welt zur gleichen Zeit Champion im Schwergewicht zu sein, kann sich Vitali wohl auch noch sein letztes sportliches Ziel erfüllen: den Rückkampf gegen Lennox Lewis. 2003 hatte er Lewis schwer verprügelt, ehe der Ringrichter wegen Vitalis horrender Cutverletzung den Kampf abbrach.
WLADIMIR KLITSCHKO: Dieser Kampf ist Vitalis Obsession. Lewis hat noch im Ring meinem Bruder ein Rematch versprochen, ist dann aber lieber zurückgetreten, als sich Vitali zu stellen. Lewis hat das live im Fernsehen versprochen und damit hat er nicht nur Vitali sein Wort gegeben, sondern auch Millionen Zuschauern. Es ist Zeit, zu diesem Wort zu stehen. Die Boxwelt will den Kampf sehen. Denn Klitschko – Lewis war ein unvergesslicher Kampf.
Der als Blutkampf in die Box-Geschichte einging.
Ja. Vitali war dabei, diesen Fight zu gewinnen. Und er ist noch besser geworden. Wie er im Oktober bei seinem Comeback Weltmeister Samuel Peter verprügelt hat: Ich konnte meinen Augen nicht trauen! Das war unglaublich. Ich traue Vitali alles zu, aber das hat auch mich überrascht. Er stand da, ließ die Deckung auf Bauchhöhe baumeln und traf mit jedem Schlag! Ich kann nur sagen: Chapeau! Er hat Peter so dermaßen vermöbelt, das muss ich noch lernen. Vitali ist ein ganz cooler Hund. Nerven kennt er einfach nicht! Ich dagegen bin fast geplatzt vor Nervosität. Aber es war der vielleicht glücklichste Tag in meinem Sportlerleben.
Das Rematch gegen Lewis wäre aus einem anderen Grunde sehr pikant. Sein damaliger Trainer Emanuel Steward ist seit 2004 nun Ihr Coach. Dürfte er Lewis trainieren, damit der Ihren Bruder verprügeln kann?
Manny und ich haben über diese Konstellation schon gesprochen. Ich habe ihm gesagt: „Ich würde dich freigeben, für einen Kampf wäre es okay, wenn wir nicht in der gleichen Ecke stehen.“ Lennox soll eine faire Chance haben. Aber es ist nicht die einzige pikante Geschichte bei diesem Rematch. Denn wenn man ehrlich ist, wäre ich der perfekte Sparringspartner für Vitali, um sich gegen Lennox vorzubereiten. Wir sind von sehr ähnlicher Statur und beide boxen wir den Emanuel-Steward-Stil. Aber kann das gut gehen? Es wäre zwar nur Sparring und kein echter Kampf. So würden wir das Versprechen, dass wir unserer Mutter gaben, nie gegeneinander zu kämpfen, nicht brechen. Aber es wäre auch so schwierig. Denn wir sind beide von unserer Persönlichkeit her so, dass wir immer gewinnen wollen. Und wir haben ja auch immer gegeneinander Wettkämpfe auf allen Ebenen gemacht. Und keiner wollte je verlieren.
Das Sparring könnte also doch ganz schnell zum echten Bruderkampf ausarten.
Es wäre schwer, sich zurückzunehmen. Eigentlich ist immer nur für einen Klitschko Platz im Ring. Es spricht zwar objektiv alles dafür, dass ich Vitalis Sparringspartner wäre, aber es wäre besser, wenn wir das lassen würden. Aber wir werden sehen.
Das Rematch müsste von der WBC, bei dem Vitali Champion ist, abgesegnet werden. Nach den Statuten kaum möglich, denn Lewis stand seit Klitschko – Lewis I, also seit 2003, nicht mehr im Ring.
Wie gesagt, dieses Rematch ist Vitalis Obsession. Der Gürtel ist das eine, das Rematch das andere. Wenn er sich entscheiden muss, würde er das Rematch wählen, da bin ich mir sicher.
Interview: Matthias Kerber