Klitschko: "Meine einzige Waffe war das Wort"
Box-Weltmeister Vitali Klitschko über die Prügelszenen im Stadt-Parlament von Kiew - und seine Rolle dabei.
AZ: Herr Klitschko, im Stadtparlament von Kiew, in dem Sie als Vorsitzender der Partei „klitschko bloc“ sitzen, kam es zu Tumulten und auch Prügelszenen. Und Sie waren mittendrin.
VITALI KLITSCHKO: Ich war mittendrin, aber ich habe nicht – und das möchte ich hier ganz ausdrücklich betonen – zugeschlagen. Ich habe meine Fähigkeiten, die ich im Ring errungen habe noch nie auf der politischen Bühne eingesetzt und das werde ich auch niemals tun. Wer immer das behauptet, ist ein Lügner.
Aber noch einmal zur Klarstellung, Sie waren an den Prügelszenen nicht beteiligt?
Gegenfrage. Glauben Sie wirklich, wenn der Weltmeister im Schwergewicht seine Fähigkeiten, seine Schlagkraft einsetzen würde, dass dann seine Gegner, die Politiker sind, noch stehen würden? Ich denke, es ist selbstevident, dass ich nicht zugeschlagen habe. Es stimmt, dass eine extrem aggressive Stimmung herrschte, dass auch Gewalt gegen mich eingesetzt wurde. Aber ich habe als einzige Waffe das Wort benutzt. Wir sind 15 Menschen in unserer Partei, davon sind ein Drittel Frauen, diese zu beschützen ist auch meine Aufgabe. Das habe ich getan, aber ohne Schläge.
Der Eklat entzündete sich am Anti-Korruptions-Gesetz, das seit Donnerstag in Kraft ist.
Ja, die jetzige Herrscherriege hat versucht, noch vor Inkrafttreten dieses Gesetzes alle möglichen Grundstücke an Freunde zu billigsten Preisen zu verkaufen. Dadurch wäre der Ukraine ein unglaublicher Schaden entstanden, denn der Bodenpreis ist sehr hoch und die Ukraine braucht das Geld. Um zu verhindern, dass diese Verkäufe – im Bruch aller bestehenden Gesetze – staffinden, haben wir uns entschieden, den Zugang zum Parlament zu blockieren, indem wir eine Menschenkette bildeten und uns an den Händen fassten. Das war unser Kampf mit Händen, wir haben uns an den Händen gehalten. Diese Aktion war ein großer Erfolg, den wir als Sieg verbuchen, denn die Aktion hat viel Öffentlichkeit generiert, dadurch wurden viele Verkäufe verhindert und wenn man unter dem Mikroskop der Öffentlichkeit steht, dann haben auch diese Leute Angst, mit ihren Rechtsbrüchen fortzufahren. Die Korruption ist das größte Übel der Ukraine.
Ein Übel, das aber leider schon fast Tradition hat.
Das stimmt, aber ich bin nicht gewillt, mich einfach hinzusetzen und zu warten, dass es von alleine besser wird. Denn das wird es nie. Wir sind eine junge Demokratie. Aber Demokratie heißt auch, dass man für die Rechte, die Freiheit, kämpfen muss, sie werden einem nicht geschenkt. Ich will nicht in einer Bananenrepublik leben, ich will, dass meine Familie, die in der Ukraine lebt, dass meine Eltern, meine Freunde und Verwandten, mit Stolz sagen können, dass sie Ukrainer sind. Dafür muss man sich aktiv beteiligen. Das werden wir auch in Zukunft tun. Ich habe vor der Wahl versprochen, gegen die Korruption zu kämpfen. Wir wurden ins Parlament gewählt, weil man uns vertraut, weil man unseren Worten glaubt.
Wo werden denn die härteren Kämpfe ausgetragen? Im Ring oder in der Politik?
Hart sind beide, aber das Boxen ist ehrlich. Es gibt Regeln, es gibt Sanktionen, wenn man sich nicht daran hält. Der Kampf in der Politik ist ein anderer, ein viel dreckigerer. Da gibt es keine Regeln, da wirst du von hinten angegriffen, die Schläge sie landen in deinem Rücken. Nicht zufälig, sondern absichtlich. Aber mein Rücken ist breit. Die Korruption ist das Gift, das die Demokratie bedroht. Deswegen müssen wir dagegen kämpfen. Werden wir immer dagegen kämpfen.
Interview: Matthias Kerber
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