Klitschko: König der Malocher

Früher war Wladimir Klitschko harte Arbeit fremd. Er hatte Talent, gewiss, war aber kein Kämpfer. Hier verrät der Weltmeister, der auf Schalke Chagaev boxt, wie sich seine Einstellung geändert hat.
von  Abendzeitung
Klitschko als Kumpel : Der Box-Weltmeister besuchte eine Steinkohle-Bergwerk.
Klitschko als Kumpel : Der Box-Weltmeister besuchte eine Steinkohle-Bergwerk. © Marianne Müller

Früher war Wladimir Klitschko harte Arbeit fremd. Er hatte Talent, gewiss, war aber kein Kämpfer. Hier verrät der Weltmeister, der auf Schalke Chagaev boxt, wie sich seine Einstellung geändert hat.

GELSENKIRCHEN Für Wladimir Klitschko ging es bergab, ganz weit nach unten. Über 1000 Meter in die Tiefe. Dorthin, wo das schwarze Gold, die Steinkohle, abgebaut wird.

Der Box-Weltmeister, der am Samstag (22.00 Uhr, RTL live) in der Arena auf Schalke seine Titel der Verbände WBO, IBF und IBO gegen seinen usbekischen Herausforderer Ruslan Chagaev (30) aufs Spiel setzt, besuchte bei einem RTL-Dreh ein Bottroper Steinkohlebergwerk. „Das ist wirklich unglaublich hier unten, auch diese Dunkelheit ist überwältigend“, sagte der Knappe Klitschko, als er da unten zum (Bergbau-)Kumpel wurde.

Unter dem Titel „Krönung auf Schalke“ firmiert der Megafight, bei dem über 60000 Fans in der Gelsenkirchener Arena live dabei sein werden. Klitschko will sich gegen WBA-Weltmeister Chagaev zum unumschränkten Herrscher der harten, schweren Jungs krönen, zum „König der Malocher“.

Ein Fotoshooting, okay. Oder doch mehr? Die Bilder, die Klitschko als Kumpel, als Arbeiter zeigen, sind symptomatisch für die Entwicklung des 33-Jährigen. Der ehemalige Luftikus, der fast ausschließlich von seinem Talent lebte, hat jetzt auch die Lust am Malochen entdeckt.

"Seit er 14 ist, ist Wladimir Klitschko der große Star"

„Von seinen natürlichen Voraussetzungen her, ist Wladimir der talentierteste Schwergewichtler, den ich je trainiert habe“, sagt Trainerlegende Emanuel Steward, der schon Schwergewichts-Größen wie Lennox Lewis, Evander Holyfield, Leon Spinks oder Michael Moorer betreute. „Seit er 14 ist, hat man in ihm immer den großen Star gesehen. Sein Bruder Vitali war der Arbeiter, Wladimir der Künstler.“

Der Künstler, der Schöngeist im Ring. Ein Schöngeist, der aber Boxen nie liebte. „Das stimmt. Ich boxte, weil ich es sehr gut konnte – und nicht, weil ich es liebte. Ich hatte es leichter als Vitali, mir sind viele Dinge in den Schoß gefallen, für die er hart arbeiten musste“, gesteht Wladimir. Boxen war sein Beruf, aber nicht seine Berufung. Doch dann wurde sein Schaffen zur brotlosen Kunst. Es ging bergab, ganz weit nach unten. In die Untiefen des Boxsports. Er ging 2003 gegen Corrie Sanders, den er hoffnungslos unterschätzt hatte, K.o,. verlor seinen Titel. „Ich war wie Napoleon, ich dachte, ich bin unverwundbar“, sagt Klitschko. Es folgte 2004 die nächste Pleite gegen Lamon Brewster.

Klitschko: "Ich habe die Liebe zum Boxen entdeckt"

Und es folgte harte Arbeit. Steward stellte das Training um, zeigte ihm in stundenlangen Videosessions die Kämpfe von Box-Größen wie Joe Louis, Max Schmeling, Robinson, Muhammad Ali. Etwas, was Wladimir früher nie getan hatte. „Er hat verstanden, dass er sein Talent verschwendet. Denn das größte Talent ist die Fähigkeit, hart zu arbeiten, sich zu quälen. Wladimir ist immer in perfekter physischer Verfassung. Er hält sich immer fit, hält immer sein Gewicht. Er arbeitet seit einigen Jahren härter als alle. Das zahlt sich aus“, sagt Steward über den runderneuerten Klitschko. Und der Weltmeister meint: „Ich habe die Liebe zum Boxen entdeckt. Ich habe großen Respekt vor Menschen, die sich ihr Brot ganz hart verdienen müssen, so wie hier im Ruhrpott. Ich selber genieße jede Sekunde der Vorbereitung. Ich genieße die harte Arbeit. “

Auf Schalke, in der Bergbau-Stadt, der Heimat der Kumpels, da kann er sich nun wirklich krönen – zum König der Malocher.

Matthias Kerber

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