"Klitschko ist ein Gladiator von einem anderem Planeten"
Weltmeister Wladimir Klitschko tritt gegen Kubrat Pulev an. In der AZ spricht sein Coach über Wladimirs Schlaghärte und dessen Platz in der Box-Historie.
AZ: Herr Banks, ist Kubrat Pulev, gegen den Ihr Schützling Wladimir Klitschko am Samstag seine Titel verteidigt, eine der größten Herausforderungen seiner Karriere?
JOHNATHON BANKS: Ich sehe nichts derartig Spezielles in ihm. Wir respektieren jeden Gegner, nehmen jeden Kontrahenten ernst. Eine Gegenfrage: Was soll denn so besonders, so anders an Pulev sein?
Er ist ein ausgezeichneter Konterboxer, der keine Angst zeigt, den Schlagabtausch anzunehmen.
Okay, das stimmt. Aber hat er die Schlagkraft, um einen Gegner auszuknocken? Das haben wir nicht von ihm gesehen. Wladmirs letzte Gegner, ein Alexander Powetkin, ein Alex Leapai, haben gezeigt, dass sie ihre Kontrahenten mit einem Schlag ins Reich der Boxträume schicken können. Pulev kann das nicht. Wladimirs Punches sind brutal. Jeder Schlag ist wie ein Erdbeben. Ich glaube auch nicht, dass Pulev mental für die Klitschko-Show bereit ist.
Sie meinen die bombastische Inszenierung der Kämpfe?
Absolut. Ein WM-Kampf allein spielt schon mit deinen Nerven Klavier, aber das ist nichts im Vergleich zu der Klitschko-Show. 15 000 fanatische Anhänger, die Bühne, das Licht. Glauben Sie mir, Wladimir wirkt in dieser Situation überlebensgroß. Wenn sie ihn so sehen, ist er ein großer Mann, aber im Ring wirkt er noch viel, viel größer. Diese Muskelpakete, dieser Blick, dazu der finster schauende Bruder Vitali in seinem Rücken. Wladimir wirkt wie ein Gladiator von einem anderen Planeten. Man kann richtig in den Augen der Gegner sehen, wie die Angst in diesen Momenten in sie kriecht – und das schon vor dem ersten Schlag. Wenn dann der Stahlhammer noch mit deinem Kinn Kontakt aufnimmt, ist alles Selbstvertrauen dahin.
Trotzdem wirkt Wladimir mit seiner Klammertaktik nicht immer so dominant, wie er eigentlich im Ring ist.
Auch Klammern ist ein Teil des Boxens. Schauen Sie sich doch bitte die Kämpfe von früher an. Auch ein Muhammad Ali, ein Larry Holmes, ein George Foreman, sie haben alle geklammert. Damit unterbindet man Aktionen des Gegners, man kann sich ein bisschen ausruhen. Außerdem sind es doch die Gegner, die sich so klein machen und in Wladimir reingehen, dass er sich fast drauflegen muss mit seinem Gewicht.
Sie sprachen die Granden des Boxens an. Wo würden Sie Wladimir in der Boxgeschichte einordnen?
Für mich ist Ali die Nummer 1. Wladimir ist auf jeden Fall unter den Top-10, vielleicht schon unter den Top-5. Er ist seit acht Jahren Champion, seit zehn Jahren unbesiegt, er vernichtet alles, was den Mut aufbringt, sich ihm in den Weg zu stellen. Er hat nach Joe Louis die meisten Titelverteidigungen. Was will man mehr! Aber auch sein Bruder Vitali ist einer der fünf Besten aller Zeiten. Der einzige Boxer, der nie am Boden war, mit einer K.o.-Quote, die besser ist als die von Mike Tyson.
Belastet es Wladimir, dass er in den nächsten Wochen erstmals Vater wird?
Nein, es ist ja nicht seine Freundin Hayden, die in den Ring steigen muss. Aber Spaß beiseite: Ich denke, es ist für Wladimir eine zusätzliche Motivation. Er will ein Vorbild sein, ein Vermächtnis als Boxer hinterlassen, auf das seine gesamte Familie stolz sein kann. Das Kind soll sagen können: Das ist mein Vater, das hat er erreicht. Er war der Beste seiner Zeit.
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