Klitschko: Der Weltrekord-Kampf

60000 Box-Fans in einer Halle! Die Idee dazu hatte Klitschko in München. Nun, gegen Chagaev, wandelt er auf Max Schmelings Spuren.
GELSENKIRCHEN Wladimir Klitschko schaut nach oben in das Rund. „Wow“, sagt der beeindruckte Box-Weltmeister, „das ist majestätisch.“ Dort, in der Arena in Gelsenkirchen, wird der Box-Weltmeister der Verbände WBO, IBF und IBO am Samstag (22 Uhr, RTL live) zur „Krönung auf Schalke“ (Klitschko) gegen den usbekischen WBA-Champion Ruslan Chagaev antreten. 60000 Fans werden vor Ort sein. Das ist Weltrekord für eine Indoor-Box-Veranstaltung, denn weil das Dach wegen der Lärmschurtzbestimmungen um 22 Uhr geschlossen werden muss, wird das Stadion zur Halle! „In der Arena – das ist die Erfüllung eines Traumes“, sagt Wladimir Klitschko.
Klitschkos Traum, er wurde in München geboren
Der Geburtsort dieses Traumes liegt 630 Kilometer entfernt. In München. In der Allianz Arena. Der Geburtstag war der 9. Juni 2006. An diesem Tag war Klitschko als Ehrengast beim WM-Eröffnungsspiel zwischen Deutschland und Costa Rica live vor Ort. „Als ich diese Stimmung in diesem Stadion erleben durfte, dachte ich mir: Wie toll wäre es, in einem Fußballstadion zu boxen! Diese Stimmung will ich einmal als Athlet erleben. ein Traum“, sagt Klitschko.
Ein Traum, der nun wahr wird. Und mit diesem schreibt Klitschko nun auch Box-Geschichte. Denn noch nie kamen zu einem Boxkampf so viele Menschen in einer Arena zusammen. Weltrekord!
Bei Schmeling schauten schon mal 102.000 Fans zu
Zugleich ist es der bestbesuchte Box-Kampf in Deutschland seit dem zweiten Weltkrieg. Nur bei Open-Air-Veranstaltungen kamen noch mehr Fans. Den Europarekord hält immer noch der unvergessene Max Schmeling, Wladimirs großes Vorbild, der im August 1934 in Hamburg bei seinem WM-Ausscheidungskampf gegen Walter Neusel 102000 Fans anzog. Den absoluten Zuschauer-Weltrekord hält der Fight Tony Zale gegen Billy Pryor aus dem Jahre 1941. Zu diesem Freiluftkampf in Milwaukee kamen 135132 Zuschauer. Bei freiem Eintritt.
Nun also über 60000 zahlende Fans auf Schalke. „Das ist etwas ganz Besonderes“, weiß Axel Schulz, der 1996 gegen Michael Moorer im Dortmunder Westfalenstadion vor 23000 Fans um die WM boxte – und verlor. „Klitschko ist große Kämpfe ja gewohnt, ich denke nicht, dass ihn das jetzt belasten wird. Und Chagaev ist ein cooler Bursche. Aber man darf nie vergessen, so eine Atmosphäre kann einen erschlagen“, sagt Schulz, der eine ähnliche Atmosphäre selber bei seinem Comebackversuch im Jahre 2006 gegen Brian Minto in Halle/Westfalen erlebte.
"Die Atmosphäre kann dich auch erschlagen"
„Als ich die Halle mit den 12000 Fans betrat, das hat mich erdrückt, das hat mich völlig gelähmt. Das war, als liefe ich volle Breitseite gegen eine Wand. Dem war ich im Kopf nicht gewachsen.“
Dass Klitschko oder Chagaev schon vor dem Kampf aufgrund der Fans schwächeln, kann sich Box-Ikone Henry Maske jedoch nicht vorstellen. „Man ist als Boxer da so fokussiert, dass man eigentlich eh nur die ersten Reihen wahrnimmt. Genießen wird man diese Kulisse erst danach können.“ Aber nur der Sieger. Der Verlierer wäre sicher froh, wenn es weniger als 60000 Zeugen beim Tatort in der Arena auf Schalke gegeben hätte.
Matthias Kerber