Klaus Ludwig: "Vettel ist Vettel, das ist gut so"
Kuala Lampur - Sein Markenzeichen ist der Vettel-Finger. Er trägt inzwischen den Heino-Look und sie nennen ihn Blondie. Aber er hat noch immer dieses typische Grinsen im Lausbubengesicht. Sebastian Vettel braucht keinen Imageberater. Der 26-Jährige, der am Sonntag (Start 10.30 MEZ/live bei RTL und Sky) in Indien zum vierten Mal hintereinander Formel-1-Weltmeister werden kann, spielt sich selbst.
Das kommt bei fast allen prima an. Nur nicht bei Lewis Hamilton. Der chancenlose PS-Rivale stänkerte gegen Superseb. Vettel sei langweilig, sagte der Brite. Dafür gab’s einen Rüffel von Arbeitgeber Mercedes und Hamilton ruderte sofort zurück. Was aber ist dran an den bösen Vorwürfen? Ist Vettel wirklich langweilig oder einfach nur authentisch?
Die AZ geht dieser Frage nach und nimmt Vettels Image unter die Lupe.
„Vettel ist absolut authentisch. Er kann den Erfolgsdruck und diese Belastung so gut steuern, dass er für sich immer das Richtige tut.” Das sagt der ehemalige Formel-1-Pilot und heutige RTL-Experte Christian Danner. Dafür lässt der Münchner aber kein gutes Haar an Vettel-Rivale Hamilton: „Sebastian jettet nicht nach Los Angeles und treibt sich in irgendwelchen Discos rum.” Vettel dagegen schaffe es, seine Batterien auch zwischen den Rennen stets aufzuladen. „Das finde ich großartig. Das ist überhaupt nicht langweilig, sondern konsequent”, sagt Danner.
Das bedeutet nicht, dass Vettel immer alles richtig mache. Aber er gehe seinen Weg. „Ich kann ihm nur raten, so zu bleiben wie er ist”, sagt Danner. Damit ist Vettel bislang bestens gefahren. 35 Rennen hat er inzwischen schon gewonnen, neun allein in dieser Saison, die letzten fünf sogar hintereinander. Vettel ist der absolute Supermann der Formel 1 und nur einen Wimpernschlag vom vierten Titel in Serie entfernt. Schon ein fünfter Platz in Indien reicht. Dann könnte ihm Dauerrivale Fernando Alonso, der bereits 90 Punkte zurückliegt, auch diese Fahrerkrone nicht mehr abjagen – und das drei Rennen vor Schluss.
Selbst Willi Weber, der bisher nur von seinem ehemaligen Schützling Michael Schumacher schwärmte, wird zum Vettel-Fan. Der sei einer der besten Rennfahrer und kein bisschen langweilig, erklärt der Manager. Also keine Image-Korrektur? „Was wollen wir denn eigentlich von ihm? Soll er mit einer Zipfelmütze durchs Fahrerlager laufen?”, sagt Weber der AZ. Aus Hamilton spreche der pure Frust: „Vielleicht meinte er ja, dass es langweilig wird, wenn immer nur Vettel gewinnt.”
Hat er denn keine Angst, dass Vettel die Rekordmarke von Schumachers sieben WM-Titel knackt? „Ich finde es wirklich großartig, was der Junge leistet. Er kommt Michael verdächtig nahe, aber er ist immer noch drei WM-Titel weg.” Und so wie bisher werde es auch nicht ewig weitergehen: „Irgendwann ist diese Erfolgsserie vorbei, dann ist halt ein anderer dran. Nächstes Jahr gibt es ein neues Reglement, da kann alles ganz anders aussehen.”
Und auch bei den Frauen kommt Vettel an. Ellen Lohr (48), die 1992 als bislang einzige Frau ein DTM-Rennen gewann, findet Vettel super: „Weil er eine neue Generation Rennfahrer verkörpert.” Nur Hohn und Spott hat sie für Lästermaul Hamilton übrig: „Wenn der meint, er sei interessanter, nur weil er ein großes Tattoo auf dem Rücken hat, tut er mir leid. Durch solche Aussagen wird man auch nicht interessanter.” Vettel sei schon jetzt eine echte Persönlichkeit und alles andere als ein Langeweiler: „Es ist immer spaßig, ihm zuzuhören. Er hat schon jetzt den Status eines Ausnahmerennfahrers.”
Tourenwagen-König Klaus Ludwig (64) bringt es auf einen ganz einfachen Nenner: „Vettel ist Vettel, und das ist gut so.” Hamilton sollte sich lieber an die eigene Nase fassen: „Ich finde ihn aufgesetzt. Man muss nicht teuren Schmuck tragen, um der ganzen Welt zu zeigen, was man für ein toller Typ ist.” Vettel sei ein sympathischer, junger Mann: „Er soll bloß so bleiben wie er ist, und er soll vor allem weiter so Auto fahren.” Und was ist mit dem Vettel-Finger, über den sich plötzlich die Engländer lustig machen? „Er soll seinen Finger zeigen, so oft er will. Das ist sein Markenzeichen. Alles wunderbar, solange es nicht der Mittelfinger ist”, sagt Ludwig.