Kickboxerin Theiss: "Es muss egal sein, wie ich aussehe"
Christine Theiss gewinnt schon zum vierten Mal die Sportlerwahl. Und einen neuen Sponsor hat die schöne Kickbox-Weltmeisterin auch gefunden. Im Interview spricht sie über Treue, Krankheit und warum sie nun auch bei weiblichen Fans gut ankommt.
AZ: Hallo, Frau Theiss, hier kommt der alljährliche Gratulationsanruf der Abendzeitung. Sie wurden – zum vierten Mal in Serie – von den AZ-Lesern zu Münchens Sportlerin des Jahres gewählt!
CHRISTINE THEISS: Super! Besonders mein Mann Hans wird den AZ-Lesern einen Dankesbrief schreiben, weil er jetzt wieder eine strahlende Frau hat. Wir waren im Ski-Urlaub, und ich war doch sehr angespannt, nervös, weil ich unbedingt wieder gewinnen wollte. Jetzt bin ich glücklich.
Tja, die Liebesbeziehung der AZ-Leser zu Ihnen dauert ja jetzt auch schon fast genauso lange wie Ihre Ehe!
Stimmt, wir haben 2005 geheiratet und kurz danach wurde ich erstmals zu Münchens Sportlerin des Jahres gewählt. Aber Hans hat mit ewige Treue geschworen, das kann man bei der Wahl wohl nicht erwarten. Aber im Ernst: Die erste Wahl ist ein Moment gewesen, den ich nie vergessen werde, der in all den Jahren in seiner Intensität nie verblasst ist. Ich hatte nie damit gerechnet, dass ich bei der AZ-Wahl gewinnen könnte. Als ich das Ergebnis erfahren habe, war ich total aus dem Häuschen. Jetzt habe ich gezittert, ob die Leute genug von mir haben, das Gesicht nicht mehr sehen können. Danke, das es nicht so ist! Es zeigt, dass es uns gelungen ist, Kickboxen in der Öffentlichkeit zu etablieren. Davon hätte ich nie zu träumen gewagt. Wie viel Prozent der Stimmen habe ich denn?
Knapp an der absoluten Mehrheit vorbei, 48 Prozent. Die CSU würde neidisch auf das Ereignis schauen. Dabei hat sich doch der damalige Ministerpräsident Günther Beckstein mit Ihnen geschmückt und Ihnen den Bayerischen Sportpreis verliehen. Hat ihm alles nichts genützt.
Wer weiß, vielleicht wäre deren Ergebnis sonst noch schlechter gewesen. Aber Spaß beiseite, 48 Prozent, das ist echt unglaublich.
Haben Sie mehr männliche oder weibliche Fans?
Anfangs männliche, aber in letzter Zeit kommr immer mehr Fanpost von Frauen. Ich würde jetzt wirklich sagen, dass es sich die Waage hält.
Sie haben dem Kickboxen ein Gesicht gegeben. Wären Sie genau so erfolgreich, wenn Sie klein, dick, hässlich wären?
Das muss ich mit einem klaren Nein beantworten, da muss ich mir nichts vormachen. Ich wäre für die Öffentlichkeit nicht so interessant, wenn ich ein hässliches Entlein wäre. Das ist vielleicht ungerecht, aber es ist Realität. Als Vorreiter muss man eine eierlegende Wollmilchsau sein. Wenn der Sport sich weiter etabliert, wird es in Zukunft ausreichen, dass man ein guter Kickboxer ist, aber jetzt, da die Sportart noch im Anfangsstadium der Akzeptanz steckt, ist es anders. Die Boxer haben es schon geschafft, dass es egal ist, wie man aussieht. Da müssen wir auch hinkommen, dass es egal ist, wie ich aussehe.
Das Jahr 2008 war bei allen Erfolgen kein leichtes für Sie. Seit Ihrer Schilddrüsen-Operation müssen Sie Hormone nehmen, dann sprang auch noch der Hauptsponsor ab.
Ja, ich werde mein Leben lang Hormone nehmen müssen, da mir gut ein Drittel der Schilddrüse entfernt wurde und die Eigenproduktion daher nicht mehr ausreicht. Aber damit komme ich zurecht, es ist ja am Ende alles gut ausgegangen, auch, wenn es anfangs nicht unbedingt so aussah. Und beim Sponsor, ja, das war hart. Da wusste ich nicht, wie es weitergehen sollten. Auch wenn ich mir immer wieder sagte, dass es die Angestellten der Firma die Pleite ist, noch viel schwerer erwischt hat als mich, war mein Nervenkostüm sehr ramponiert
Sie hatten Existenzängste.
Definitiv! Wir haben uns zusammengesetzt und alles hinterfragt. Ob es wirklich die richtige Entscheidung war, sich auf den Sport zu konzentrieren und die Medizinerkarriere, die mir finanzielle Sicherheit gewährleistet hätte, auf Eis zu legen. Bei der Medizin hätte ich nie Existenzängste gehabt. Aber ich bin mir sicher, dass mein Weg der richtige ist. Zum Glück ist – bis auf die Unterschriften – mit einem neuen Sponsor, den ich deswegen noch nicht nennen darf, alles klar. Irgendwann hätte ich ohne Sponsor die Sportkarriere beenden müssen. Das stand im Raum, ja. So muss ich mich nicht entscheiden.
Und jetzt scheint 2009 alles gut zu sein. Ein neuer Sponsor, und endlich dürfen Sie sich auch offiziell Frau Dr. Kick nennen, Sie haben die Doktorprüfung bestanden.
Ja, das ist mir wichtig. Denn ich wurde oft als Dr. Theiss angesprochen, dabei war ich es noch gar nicht. Das war mir peinlich, denn ich schmücke mich nicht gerne mit fremden Federn. Nur mit eigenen.
Wie mit dem, den Ihnen die AZ-Leser verliehen haben. Vielleicht ja auch 2009, dann zum fünften Mal.
Ich hätte nichts dagegen.
Interview: Matthias Kerber
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