Kickboxerin Marie Lang im AZ-Interview: Einmal ehrlich sein

Zuletzt zeigte sich Kickbox-Queen Marie Lang verletzlich wie nie. Im AZ-Interview spricht sie über die schwierige Vorbereitung auf ihren WM-Kampf: "Das alles war eine totale Überwindung."
von  Thomas Becker
Marie Lang Circus Krone
Marie Lang Circus Krone © Wilfling/ho

München - Die 32-jährige Weltmeisterin im Kickboxen verteidigt am 3. Oktober (23:45 Uhr/Kabel 1) im Circus Krone ihren Titel gegen die Libanesin Dr. Rola Khaled. Im AZ- Interview spricht Marie Lang über die schwierige Vorbereitung auf den WM-Fight.

AZ: Frau Lang, am Donnerstag bestreiten Sie bei Stekos Fight Night im Circus Krone Ihren 36. Profi-Kampf – mit einer eher ungewöhnlichen Vorgeschichte: In den sozialen Medien haben Sie gerade erst ein Video gepostet, das Sie total verheult und kurz vorm Aufgeben zeigt. Klingt nicht gerade nach einer perfekten Vorbereitung auf den Kampf...
MARIE LANG:
Meine Vorbereitung war in der Tat alles andere als optimal und nicht so gut wie sonst – wobei sie beim letzten Mal auch schon nicht so doll war. Ich bin krank geworden, musste lange pausieren, hatte dann eine sehr, sehr kurze Vorbereitung. Zwischendurch habe ich dann tatsächlich überlegt, ob ich alles hinschmeißen und den Kampf komplett absagen soll – weil ich mich einfach nicht gut vorbereitet gefühlt habe. Dann habe ich mich aber doch dazu entschlossen, die Arschbacken zusammen zu kneifen und zu sagen: "Ich will kämpfen! Ich zieh das jetzt durch!" So haben wir in den letzten zwei, drei Wochen dann auch trainiert.

Man kennt Kampfsportler meist nur von ihrer harten Seite. Ihr Coach Mladen Steko hat erzählt, dass 90 Prozent seiner Kämpfer irgendwann bei ihm bittere Tränen der Verzweiflung geweint haben, weil die Vorbereitungszeit zu knapp war. "Kampfsportler sind keine Maschinen", sagt er. Wie schwer war es für Sie, dieses Eingeständnis der Schwäche öffentlich zu machen?
Das war schon eine sehr große Überwindung für mich. Ursprünglich war das nicht so geplant, ist dann einfach so entstanden. Ich habe lange überlegt, ob ich das posten soll oder nicht, mir dann aber gesagt: "So ist es halt. So fühle ich mich gerade." Warum sollte ich denn sagen, dass es alles super ist? Okay, ich habe schon oft gesagt "das war eine tolle Vorbereitung" – obwohl sie gar nicht gut war. Diesmal habe ich mir gesagt, ich sage die Wahrheit, wie es halt ist.

Wie waren die Reaktionen?
Ich war sehr überrascht, wie viel positives Feedback tatsächlich kam. Ich dachte mir schon, dass ich mich dadurch sehr angreifbar mache. Aber im Nachhinein war es genau gut so, wie ich es gemacht habe.

"Was hier im Studio passiert, kriegen ja nur die wenigsten mit"

War das Video vielleicht auch so etwas wie eine Befreiung für Sie? Nicht ständig etwas vorspielen müssen, was nicht ist?
Ehrlich gesagt schon. Einmal ehrlich sein! Nicht immer sagen: "Ja, ich bin total vorbereitet, ich freu mich auf den Kampf!" Nein, ich habe mich nicht auf den Kampf gefreut. Ich war nicht gut gelaunt, ich hatte keinen Bock. Am liebsten würde ich sagen: Ich kämpfe nicht. Das alles zuzugeben, war eine totale Überwindung.

Wie krabbelt man wieder heraus aus so einem Loch?
Ich habe wahnsinnig viele Nachrichten bekommen: Das hat mich mega aufgebaut! Mich haben Leute angerufen, die sich seit fünf Jahren nicht mehr gemeldet haben: "Was ist denn los?" Die bekommen das halt gar nicht so mit, was neben dem Ring alles abgeht. Die sehen mich im Fernsehen, sehen mich mal wieder gewinnen – das ist alles so selbstverständlich. Aber was im Studio passiert, kriegen ja nur die wenigsten Leute mit. Ich saß oft schon bei Mladen im Büro und hab’ geklagt: "Hey, das kann doch nicht sein! Ich trainiere jetzt seit drei Wochen, und irgendwie war jede Einheit nicht zufriedenstellend." Die Leute sehen immer nur das Endprodukt und nicht, was dahinter steckt.

Oft gibt es ja in den sozialen Medien eher Haue und Häme für Statements wie das Ihre.
Eben. Ich habe damit gerechnet, dass die Leute sagen "Okay, dann hör halt auf! Mach was Anderes, du Pussy." Aber das kam gar nicht. Da war ich echt überrascht, dass das so positiv aufgenommen worden ist.

"Ich werde ihr im Weg stehen"

Kommen wir vom Kopf zum Körper: Wie sieht es mit dem Kampfgewicht aus?
In der vergangenen Woche habe ich nochmal vier Kilo abgenommen. Am Montagmorgen haben zum Kampfgewicht nur noch 800 Gramm gefehlt.

Als Außenstehender fragt man sich immer, wo an Ihrem austrainierten Körper Sie nochmal vier Kilo abnehmen.
Das frage ich mich auch immer (lacht).

Was halten Sie von Ihrer Gegnerin Rola Khaled aus dem Libanon?
Ich habe schon ihre Kampfansage gesehen, dass sie mir meine Titel wegnehmen will – sie wird sicher gut vorbereitet sein und alles geben, um mir die Titel abzunehmen. Aber ich werde ihr im Weg stehen und alles geben, dass der Titel in München bleibt.

 

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