Kickboxer Michael Smolik vor dem Dabinovci-Kampf: "Schon viele Mäuler gestopft"

Kickbox-Weltmeister Michael Smolik gilt als K.o.-Maschine. In der AZ spricht er vor dem Kampf gegen Roland Dabinovci über seine aggressive Kindheit, Macho-Sprüche und er erklärt sein Tattoo.
von  Matthias Kerber
„Ich mag grundsätzlich meine Gegner vor einem Kampf nicht“, sagt Kickbox-Weltmeister Michael Smolik vor seinem Fight gegen Dabinovci.
„Ich mag grundsätzlich meine Gegner vor einem Kampf nicht“, sagt Kickbox-Weltmeister Michael Smolik vor seinem Fight gegen Dabinovci. © Michael Wilfling/ho

München - Michael Smolik ist nicht nur Kickboxer, sondern auch Schauspieler der SAT.1-Serie "Ruhrpottwache". Am Samstag verteidigt er seinen Weltmeistertitel in München gegen Roland Dabinovci.

AZ: Herr Smolik, am Samstag verteidigen Sie Ihre WM-Gürtel im Kickboxen gegen Roland Dabinovci. Sie beide mögen sich nicht wirklich, er hat angekündigt, dass er Ihnen vielleicht schon vor dem Kampf eine aufstreichen will.
MICHAEL SMOLIK: Ich mag grundsätzlich meine Gegner vor einem Kampf nicht, Liebesbriefe werden er und ich uns sicher nicht schreiben. Aber er soll ruhig reden, ich habe schon viele Mäuler gestopft.

So viele haben vor dem Kampf ihre Klappe aufgerissen und lagen dann doch nur ausgeknockt am Boden. Mich beeindrucken solche Sprüche nicht. Ich betreibe schon mein Leben lang Kampfsport: Mich lässt das kalt. Mir zeigt es nur, dass er Angst vor mir hat, dass er nervös und unsicher ist.

Würden Sie sich selber eigentlich als Macho einstufen?
Nö, das würde ich nicht mehr sagen. Ich habe sicher eine Art, die sehr selbstbewusst ist. Die viele als arrogant, überheblich oder eingebildet abstempeln. Aber wenn man mich richtig kennenlernt, merkt man, dass ich das ganz und gar nicht bin. Ich bin einer, der wirklich jeden Menschen respektiert.

Sprüche wie: 'Du musst mich im Ring töten, wenn du meinen Titel willst', gehören aber in die Macho-Schublade.
Ganz klar. Ich verstehe, wenn Leute sagen, das braucht man nicht zu sagen, das ist überheblich, das hat im Sport nichts zu suchen. Aber: Ich mache natürlich auch meine Kopfspielchen mit ihm. Im normalen Leben würde ich nie so mit einem Mitmenschen umgehen.

Ein Hauch von Wrestling hat dieses Gehabe aber schon.
Man muss so einen Kampf auch für die Öffentlichkeit verkaufen. Ich muss dem Gegner auch entgegenwirken. Er sieht, ob ich Angst habe. Das verschafft ihm psychologische Vorteile, wenn ich nicht dagegenhalte. So hat er gesehen: Wow, der Kerl weiß, dass er was kann.

Wie war eigentlich Michael Smolik, die K.o.-Maschine, als Kind?
Mein Bruder war immer ein Engelchen, ich das Teufelchen. Ich habe viel Blödsinn gemacht. Ich war sehr aggressiv gegenüber den Mitmenschen. Einer der Gründe war, dass ich für meine Art immer gemobbt wurde. Ich hatte auch als Kind immer diesen Fokus, dass ich was erreichen wollte.

Das fanden die anderen Kids komisch, ich wurde ausgegrenzt, ausgeschlossen. Ich habe versucht, das durch Gewalt zu kompensieren. Ich habe mich über Jahre in der Schule geprügelt, die anderen verprügelt. Aber ich hab irgendwann gemerkt, ich bin auf einem Irrweg.

Gab es dafür ein Schlüsselerlebnis?
Ja, zwei. Eines war, da ging ich noch in die Grundschule. Da hat mich einer angemacht, als Loser bezeichnet und gemeint, du kannst gar nichts. Den habe ich mit einen Kniestoß K.o. geschlagen. Er hat keine Luft bekommen. Ich hatte Angst, dass er nicht mehr aufsteht. Ich musste zum Rektor.

Während ich gewartet habe, hat die Lehrerin gesagt: 'Michael, ich verstehe dich nicht. Du hast so ein Talent, so eine Willenskraft und Stärke, warum nutzt du die nicht, um Positives zu bewirken, statt zu zerstören? Warum verletzt du andere?' Das hat mir die Augen geöffnet, wie recht sie hatte.

Und das zweite Erlebnis?
Ich war 19, habe damals noch Taekwondo betrieben. Es war eine Phase in meinem Leben, da habe ich sehr, sehr viel gewonnen, national, international. Es lief alles gut. Ich hatte eine richtig geile Freundin, die jeder wollte, in der Polizeiausbildung lief es fantastisch, ich habe viel verdient, alles gewonnen. Ich habe mich gefühlt wie der King, wie Gott. Ich hatte da diese üble Macho-Art. Eine Zeit lang ging es gut.

Und dann?
Aber dann habe ich es vom Leben richtig krass zurückbekommen. Ich bin richtig tief gefallen. Die Freundin betrogen, in der Polizeiausbildung lief es plötzlich schlecht. Ich habe mich dann so schwer am Bein verletzt, dass ich acht, neun Monate nicht trainieren konnte.

Und plötzlich habe ich Turniere verloren. Das war der Moment, in dem ich mir gedacht habe: Irgendwo habe ich es genau so verdient. Und der zweite Gedanke war: Warum war ich eigentlich so ein Arschloch? Ich habe mich dann total umgepolt, mir gesagt, so will, so werde ich nie wieder sein. Das habe ich auch verewigt.

Mit Ihrem Tattoo?
Das ist ein Engel, der sitzt auf einem Drachen, der ja das Symbol für Feuer ist. Der Schutzengel soll das Feuer in mir aufrechterhalten, aber kontrollieren. Der Flügel, der über den Löwen geht – ich bin Sternzeichen Löwe – soll mich beschützen.

Im Großen und Ganzen bedeutet das Tattoo für mich: Hochmut kommt vor dem Fall. Ein Blick darauf und ich weiß, was zählt im Leben. Sieh dich nie als etwas Besseres.

Klingt so, als würden Sie den alten Michael Smolik nicht wirklich mögen.
Stimmt, ich mag ihn nicht. Aber ich bin dankbar dafür, dass ich so war, denn genau deswegen kann ich mich verändern. Licht gibt es nicht ohne Dunkelheit, Liebe nicht ohne Hass. Es ist dieses Gleichgewicht, das zählt.

Ich habe die Erfahrung gemacht und sie hat mich zu dem gemacht, der ich jetzt bin.

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